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Nehmen wir die Erforschung des Bewusstseins ernst, so wird uns immer deutlicher,
wie wichtig unsere Gefühlswelt für unser Leben und unsere Entscheidungen
ist. Die Gefühlswelt drängt sich auch über die Gestik, den Körperausdruck,
an die Oberfläche und somit in die Kommunikation.
Damit wird klar, warum in bestimmten Zeiten und Schichten unserer Bevölkerung
die Erziehung auch die Gestik mit einbezog: Hände auf den Tisch, keine
Ellbogen beim Essen auf den Tisch, man fuchtelt mit den Händen nicht herum.
Man kannte die Zusammenhänge und hatte natürlich Angst, über
die Gestik zu verraten, was man über den geschulten und eingepferchten
Verstand verstecken wollte. Die Folge waren neurotische Zustände, die sich
in psychosomatischen Krankheiten äußerten. Am bekanntesten ist durch
Freud das Beispiel der Migräne geworden.
Die Gestik ist die Sprache, die unserem Innern wesentlich näher ist als
der Verstand.
Auf der anderen Seite kann eine gezielte und geschulte Gestik den Verstand schärfen
und die Gefühle ordnen. Z. b. Tai chi.
Mit dem Verstand kann ich die Gefühle erfassen, mit den Vorstellungen
beeinflussen, mit dem Bewusstsein erkennen. Sage ich ja zu den Gefühlen,
können sich auf wunderbare Weise die Gefühle über die Gestik
zum Ausdruck bringen.
Ich kann aber auch umgekehrt über die Gestik in unbekannte Bereiche meiner
Gefühlswelt eindringen.
In der Gestalttherapie fordert man oft den Klienten auf, den augenblicklichen
Gefühlszustand über ein Zulassen des Bewegungsdranges der Hände
und Arme auszudrücken oder gar die Bewegung des ganzen Körpers mitzunehmen.
Damit kommen viele in unmittelbaren Kontakt mit ihrer Gefühlswelt.
Da in uns ein inhärenter Drang vorhanden ist, uns zu ordnen, reicht das
oft, um wieder ein Stück mehr Frieden zu finden. Aber viele Klienten wollen
mit dem Verstand begreifen und stören mit der Frage: "Und was sagt
mir das nun?", diesen Prozess.
Am besten wirkt diese Methode, wenn die Leute vorher näher an ihren Energiezustand
herangeführt wurden.
Die Umkehrung lautet: Wer durch unsere Meditationsform seinen Energiezustand
wahrnimmt, sollte sein Befinden über die Gestik ausdrücken. Mehr noch,
man kann versuchen, dass zuzulassen, was sich als Gestik ausdrücken will.
Das Entscheidende dabei ist, sich mit dem Empfindungs-Bewusstsein zu identifizieren,
nicht mit der Gestik, oder den damit verknüpften Gefühlen und Emotionen.
Da die Klienten fast immer unbewusst wissen, dass sie über die Gestik ihr Innerstes verraten, sind sie oft nicht bereit, auf diese Übung einzugehen und wenn sie es tun, wird sie kontrolliert und wirkt hölzern. Dann lasse ich sie ihre Gestik mehrmals wiederholen, sie sollen sie verstärken, übertreiben oder die gegenteilige Gestik suchen. Auch das könnt Ihr nutzen. Nach einiger Zeit werdet Ihr merken, dass eure Gestik immer weicher und feiner wird und gleichlaufend euer Befinden sich verbessert hat.
Es gibt mittlerweile ausgezeichnete Bücher über die Körpersprache,
aber ich warne euch, diese Deutungen auswendig zu lernen, denn eigentlich sind
diese Bücher ein Paradox. Sie drücken mit dem Verstand etwas aus,
was vom Verstand nicht erfassbar ist.
Noch einmal: Kommt die Frage bei euch auf: "Was bedeutet das?", habt
Ihr euch nicht voll auf die Gestik eingelassen.
Hier noch eine kleine Zuordnung:
Grobe Gestik drückt Emotionen aus oder fördert Emotionen
herauf. Feine Gestik drückt Gefühle aus oder lockt Gefühle hervor.
Sehr feine und langsame Gestik bringt uns in die feinstoffliche Ebene, an die
Basis unserer Persönlichkeit: Feldenkreismethode, Tai Chi, Kum Nye, achtsames
Gehen. Die Mudras bringen uns ebenfalls in die Ebene zwischen unserem feinstofflichen
Körper und dem Raum, der wir sind.