Wie Oben So Unten

Übungsmöglichkeiten im Alltag

Diese Übungsreihe ist auch für die bestimmt, die im alten neurotischen Ich oder Ego leben. Darunter verstehe ich Menschen, die wahrnehmen was sie empfinden, was seltener ist als man glaubt, aber noch nicht entdeckt haben, dass es ein Empfinden gibt. Darunter verstehe ich den Rückzug auf eine Ebene, aus der wir das Entstehen und Vergehen von Körperimpulsen, Emotionen, Gefühlen oder später gar Gedanken wahrnehmen können. Stabilisieren wir uns in diesem Bereich in uns, wird das Wahrnehmen -awareness- zum Gewahrsein. Ist dies stabilisiert, sind wir im „Ich bin“.

Auf dem Weg dorthin können wir uns als „Ich bin ich“ definieren. Selbst in der Gestaltarbeit spricht man nur von awareness, man hat anscheinend noch nicht entdeckt, dass da etwas sein muss, das in der Lage ist, die dauerhafte awareness aufrecht zu erhalten. Für mich ist es der Doppelgänger der Antroposophen oder eben der Empfindungskörper. So möchte ich ihn weiterhin nennen. Es ist für mich noch nicht der Beobachter, den es zu suchen gilt, wenn wir im „Ich bin ich“ leben. Das wäre dann ein Riesenschritt weiter. Der Empfindungskörper ist der Kern des inneren Mandalas der Tibeter. Er ist der Schnittpunkt zwischen außen und innen, zwischen dem äußeren und dem geheimen Mandala der Tibeter. Mehr möchte und kann man über dieses Thema nicht schreiben. Um zu beschreiben, was das eben Angerissene bedeutet, brauche ich die subjektive Sicht eines Gegenübers.

Wir haben mehr Möglichkeiten im Alltag zu üben, nennen wir es ruhig zu meditieren, als wir glauben.

Beispiele:

1. Ihr steht an der Kasse im Supermarkt und ärgert euch. Statt euch zu ärgern spürt ihr in die Füße, in den Kontakt der Fußsohlen mit dem Boden und lasst euer Gewicht auf den Fußsohlen ruhen. Bei etwas Übung merkt ihr, wie ihr im Becken und in den Knien weicher und nachgiebiger werdet. Wie ihr in den Schultern nachgeben könnt, wie Gelassenheit in euch einkehrt und wie ihr klarer im Kopf werdet. Ihr seid mehr im Hier und Jetzt und das bedeutet, ihr verliert euch nicht in die alte Gewohnheit der Vorstellungen und eines Pseudolebens und -erlebens.

2. Ihr schaut Fernsehen. Statt nun als erlebendes Ich in den Berichten und Filmen zu verschwinden - darauf haben es die Filmemacher abgesehen -, bleibt ihr im Empfindungsbewusstsein, also im Raum des Körpers. Ihr beobachtet die Reaktionen in euch. Sie ändern sich, je nach Wahrgenommenem und augenblicklichem inneren Befinden. So kann ich bei einem bestimmten inneren Zustand sehr gut auch brutale Krimis anschauen. In einem anderen Zustand schalte ich bei den gleichen Situationen sofort ab da sie mich zu stark anrühren. Nun untersucht ihr, was das Geschehen im Inneren sein könnte. Ihr schaut auf die Rückkoppelung des Filmgeschehens auf euer Inneres und wieder auf die Sendung oder umgekehrt. "Heute möchte ich einen Liebesfilm sehen". Das ist doch eine Aussage aus einem inneren Zustand heraus. Bei diesem bleibt man, nur als Beobachter, ohne ihn zu reflektieren, und verfolgt die inneren sich wandelnden Reaktionen. Unsere Empfindungsreaktionen sind oft viel spannender als der Film. Diese Vorgehensweise hilft uns ungemein sie auch im Alltag aufrechtzuerhalten. Wir können dann Alltagssituationen klarer erkennen. Wir verwickeln uns dann nicht mehr so sehr. Wer meint, man würde dadurch das echte Leben vermeiden, irrt sich gewaltig. Man wächst erst ins echte Leben hinein und ist und fühlt sich lebendiger als jemals zuvor. Wir überlisten damit die alten Verdrängungsmechanismen und die festgelegten Verhaltensstrukturen. Sie werden oft deutlicher. Das Ersatzleben der Filme bietet also für unseren Wachstumsprozess enorme Übungsmöglichkeiten.

3. Ihr seid in Gesprächen oder Konferenzen, an denen viele Menschen teilnehmen. Hier übt ihr vor allem die Erdungsübungen und besonders den Maulwurfgang. Wer glaubt, dadurch zu abgelenkt zu sein, irrt sich. Wir werden viel klarer in unserem Kopf und bekommen die Nuancen der Gespräche deutlicher mit. Wir verwickeln uns nicht mehr so stark in die zu 80% unsinnigen Gespräche und finden garantiert die Nadel im Heuhaufen oder treffen den Nagel garantiert auf den Kopf. Wenn diese Sicherheit aus dem Empfinden hochsteigt, sprechen wir sie aus und sind oft verblüfft über die Wirkung. Sie ist unendlich viel schneller als jeder Denkprozess. Wir müssen nur wagen ihr zu vertrauen. Diesen Vorschlag anzunehmen und durchzuführen ist natürlich sehr schwer. Wir sind durch unser Schulsystem auf bestimmte Reaktionsmuster gedrillt worden. Wagt es einmal und macht eure Erfahrungen damit.

4. Ihr sitzt im Auto auf der Autobahn, ihr befindet euch im Stau oder wartet an einer Ampel, die rot ist. Im Auto kann man wundervoll das AUUUMMM erklingen lassen und seine Wirkungen genießen. Die Zeit des Autofahrens wird dadurch eine Zeit der Reinigung und ist keine verlorene Zeit mehr. Wir kommen frischer an, als wir losgefahren sind. Verbinden wir das Aum-singen mit der Erlaubnis, im Auto zu sitzen und mit der Gewissheit, dass wir nur die Zehen zu benutzen und das Auto nicht zu ziehen oder zu schieben brauchen, können wir auch noch Grundsätze unserer Einstellung zum und im Handeln erkennen: Verspannen wir uns, obwohl dadurch das Auto nicht schneller fährt? Ärgern wir uns, wenn uns einer schneidet, also unser angebliches Territorium verletzt? (Welch ein archaischer Irrglaube.) Träumen wir und merken erst, wenn wir angekommen sind, dass wir Auto gefahren sind?

5. Ihr sitzt auf der Toilette. Auch hier gibt es wichtige, meditative Entdeckungen zu machen. Wie mache ich mein „Geschäft“ oder uriniere ich? Kann ich die Art und Weise auf mein "normales" Leben übertragen? Natürlich!! Gibt es andere Möglichkeiten? Wer lange dafür braucht: Was geschieht, wenn dieser sein Geschäft schneller verrichtet? Was geschieht, wenn er es noch schneller versucht? Außerdem liegt darin eine einzigartige Möglichkeit, bewusst das Loslassen zu beobachten und zu empfinden. Dazu kommt noch, dass im und am Mastdarm eine Energiepumpe sitzt, die aber nur besonders aktiv wird, wenn wir mit dem Bewusstsein anwesend sind. Dann laufen Schauer von Energien während des „Geschäftes“ die Wirbelsäule hoch. Sie erfrischen uns und klären den Denkprozess. Das führt Luther schon an: Seine besten Ideen kamen ihm auf dem Klo. Dazu muss man die Wirbelsäule ins rechte Maß bringen. Noch viel mehr gibt es hier zu entdecken.

6. Ihr werdet morgens wach, geht zur Toilette und putzt euch danach die Zähne. Anschließend frühstückt ihr. Liegt ihr nach dem Aufwachen wirklich im Bett, oder verschwindet ihr aus alter Gewohnheit in Tagträumen? Ihr könnt die Reaktionen der Gifte, die von den Träumen und unwillkürlichen Körperbewegungen des nachts nicht verschwunden sind, durch die Zehen hinausschicken. Ihr könnt am Zustand des Gehirns erkennen, wie die Nacht gewesen ist..

Unter der Dusche: Verfolgt den Fluss des Wassers über euren Körper, geht auch imaginativ mit. Stellt euch vor, wie die ausgedünsteten Giftstoffe der Nacht, die noch auf dem Körper liegen, weggespült werden. Dann geht ihr mit der Imagination, ohne hinzuschauen, zum Duschkopf und "spürt" wie das herrlich temperierte Wasser den Duschkopf verlässt und auf dem Weg zu eurem Scheitel ist, ihn erreicht und breitflächig über Rücken oder Vorderseite nach unten fließt, eure Beine und Füße umspült und im Boden verschwindet. Verfolgt auch das Verschwinden, ohne Euch von den Windungen des konkreten Abflusses ablenken zu lassen. Dann stellt ihr euch mit dem Rücken ein wenig außerhalb des Wasserstrahls und konzentriert euch auf den Rücken und die Atmung und spürt so konkret wie möglich in den Zwischenraum zwischen euch und dem fließenden Wasser. Wenn ihr es sehr wach und breitflächig macht, empfindet ihr plötzlich einen Atemrhythmus, der nicht der eure ist. Es ist die Atmung eures tieferen Selbst. Dann gleicht ihr allmählich eure Egoatmung dieser Atmung an.

Nun ein kurzer Zwischenstopp!

Wer jetzt stöhnt und meint, das Ganze sei zu beschwerlich, hat unsere ganze Arbeit nicht verstanden. Das Beschwerliche daran ist der Kampf mit der alten Gewohnheit sich in Tagträumen, Illusionen, Vorstellungen und einem Pseudoleben zu verlieren. Dies alles raubt unsere besten und reinsten Energien und unsere Lebendigkeit. Es vergiftet uns unendlich im Innern. Es ruft mit der Zeit viele Krankheiten hervor und festigt die Neurosen, da es aus Neurosen entsteht. Das Leben findet nicht gestern, eben oder gleich und morgen statt. Es findet nuuur jetzt statt und hier und nicht dort, wo wir uns hinträumen. Durch die Art, wie ich es anrege, alltägliche Situationen zu nutzen, wird keine Kraft verschleudert oder verfälscht. Wir bleiben in der Kraft und je stetiger wir so üben und leben, desto mehr Kraft wird frei. Anders ausgedrückt: Wir wachsen umso mehr in die eigentliche Kraft hinein.

7. Ihr sitzt in einem Kaffee und begutachtet die vorübergehenden Leute. Auch hier gibt es unendlich viel zu erforschen und zu lernen. Hier verbergen sich unglaublich viele Möglichkeiten, über die man allein ein ganzes Buch schreiben könnte. Ich möchte nur einige Anregungen geben: Schaut euch die vorübergehenden Menschen an. Nutzt eure Vorstellungskraft als Imagination und geht so wie sie, steht so wie sie, fühlt euch also in sie ein und beobachtet, was in euch geschieht. Setzt euch wirklich auf den Stuhl und erlaubt euch darauf zu sitzen und beobachtet, wie beim Fernsehen, wie je nach veränderter Situation sich in euch die Regungen verändern. Wertet und urteilt nicht. Erlaubt, den Muskelpartien sich zu entspannen. Bleibt aber in der Betrachtung des Geschehens in der Außenwelt. Dann versucht ihr die Menschen draußen oder im Kaffee liebevoll mit den Augen zu erreichen und danach mit eurem ganzen Leib - ohne Manipulation!!! Verfolgt, was in euch geschieht. Erdet euch mehr und mehr zum neunten Chakra hin und erlaubt euch auch das 8.Chakra über dem Kopf einzubeziehen. Genießt es, atmen zu dürfen und zu können. Damit diese Seiten nicht zu umfangreich werden hier noch einige Aufzählungen von Situationen, in denen wir diese Vorgehensweise üben können:

8. Ihr geht spazieren, ob im Wald oder in der Stadt.

9. Ihr sitzt am Schreibtisch, ob zu Hause oder im Büro.

10. Für die Lehrer: Ihr steht in der Klasse.

11. Ihr lest die Zeitung oder ein Buch.

12. Ihr geht die sonst so verhassten Treppenstufen in den 4. Stock.

13. Ihr werdet über irgendjemanden wütend oder freut euch.

14. Ihr denkt über ein Problem nach.

15. Ihr raucht eine Zigarette oder sitzt bei Tisch.

16. Ihr sitzt im Kino, Theater oder Konzert. Vielleicht geht Ihr sogar zu einem Fußballspiel.

Ihr seht, es ist gleich-gültig, was ihr macht. Die Möglichkeit des Gewahrseins ist immer gegeben. Je öfter ihr diese Möglichkeiten wahrnehmt, umso stabiler werdet ihr im „Ich bin ich“. Diese Stabilität ist die Voraussetzung für den Sprung zum „Ich bin“.

Noch einmal als Erinnerung: Der Empfindungskörper ist unsere Basis. Kommt er in Wallung und wir nehmen nur das Wallen war oder identifizieren uns nur mit den Wallungen, dann sind wir entweder traurig, wütend oder freuen uns. Bleibt die Wallung permanent, haben wir eine emotionale, oft auch geistige und körperliche Störung.

Beispiel:

Magengeschwür, Migräne, Blasen und Nierenleiden, usw. Ist der Empfindungskörper gestört, bekommen wir an den Stellen der Störung körperliche Krankheiten. Diesmal liegt die Ursache im Körperlichen. Das hat jedoch auch enorme Auswirkungen auf die Psyche und das Denken.

Beschäftigen wir uns immer mit den gleichen Gedanken, was erschreckend häufig geschieht, sammelt sich die Energie des Empfindungskörpers vor der Stirn und über dem Kopf und wir haben im wahrsten Sinne der Wortes ein Brett vor dem Kopf. Kein neuer Gedanke fällt ein. Wir denken stets in den gleichen Bahnen. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Psyche, die ebenfalls eng und gleichförmig wird und auf die Muskulatur, selbst auf die Körperhaltung. Wir sind für andere vorausschaubar. Ist das nicht furchtbar? Wir sind dann nicht traurig, die Trauer hat uns und wir füttern sie mit den alten Denkstrukturen. Das hat zur Folge, dass wir eigentlich nicht traurig sind, sondern in Selbstmitleid schwelgen.

Diese Trauer könnt Ihr ruhig Selbstmitleid nennen.