Als Ego möchte ich das Alltags-Ich bezeichnen. Dieses Ego wird von vielen
Meditierenden mit dem eigenen Ich verwechselt. Das eigentliche Ich ist das Bewusstsein
des Seins. Dieses ist immer vorhanden, auch ohne dass wir es wahrnehmen. Meine
Meditationslehrerin nannte es das große Ich.
Mit der "Ichlosigkeit", die in fast allen Meditationsschulen verlangt
wird, ist im Grunde die "Egolosigkeit" gemeint. Das heißt, es
wird ein Identifikationswechsel erwartet, der jedoch mit dem denkenden Ich,
dem Intellekt, nicht vollzogen werden kann.
Was ist nun das Ego?
Das Ego hat keine Substanz. Es ist die naturgewollte Überlebensstrategie des Wesens Mensch, der sich mit der Formenwelt identifiziert hat. Diese Überlebensstrategie ist grundsätzlich not-wendig, wendet Not ab, und daher natürlich. Ohne Ego hätte die Menschheit keine Überlebenschancen gehabt.
Wenn wir Pflanzen oder Tiere anschauen, entdecken wir, dass jede Pflanze und
jedes Tier nicht nur einer Gattung oder Familie zugeordnet werden kann, sondern
auch ein unverwechselbares Individuum ist.
Jedes Tier, selbst jede Pflanze, bildet zu den angeborenen Verhaltensweisen,
eine Individualität heraus. Diese ist durch die Begegnung und Auseinandersetzung
mit den äußeren Umständen entstanden. Ein echter Lernschritt.
Dadurch entwickelt sich eine spezielle Prägung.
Dieser Prägung ist zumindest das erwachsene Tier, aber auch die Pflanze,
weitgehend ausgeliefert und kann sie von sich aus nicht mehr ändern. (Sprichwort:
Einen alten Baum verpflanzt man nicht!) Seine Individualisierung ist festgelegt
= fixiert. Auch das ist eine vernünftige Einrichtung der Natur, um der
Pflanzen- und Tierwelt die Möglichkeit zu geben, sich den äußeren
Umständen gemäß weiter zu entwickeln. Diese hinzugekommene Information
wird weiter vererbt.
Was können wir aus dem bisherigen schließen?
Individualität, hervorgerufen durch innere und äußere Umstände und die sich daraus entwickelnden speziellen Verhaltensweisen und -muster sind natürliche und vernünftige "Erfindungen" der Schöpfung, um die geschaffenen Formen zu bewahren und den äußeren Umständen entsprechend optimal auszustatten.