(Text vom 7.11.2002)
I. Stufe
Ich habe mich auf meinem inneren Weg bemüht, konfessionslos zu bleiben. Der zweite Schwerpunkt lag darin zu erforschen, wie der innere Weg im Alltag zu bewältigen ist.
Im Alltag heißt hier:
Als Lehrer für verhaltensauffällige Schüler und mitten
in der Großstadt Köln.
Die Konfessionslosigkeit
war mir von dem Augenblick an sehr wichtig, als ich erkannte, wie extrem
stark und Wirkungsvoll unsere Vorstellungskraft ist. Hierzu gehört nicht
nur die bewusste, sondern auch die halb- und unbewusste Vorstellung. Zu diesem
Thema hat die Hirnforschung der letzten 10 Jahre unendlich viel beigetragen.
Sie sollte ernst genommen werden und die unter uns warnen, die leichtgläubig
den Bildern trauen, und trauen wollen, die uns in der Meditation erscheinen.
Die Zenmeister nennen sie schlicht Makyo: frei übersetzt = Ein-bildungen.
Da alles Erscheinende nur Schwingungen sind, wie uns die Atomphysiker schlüssig
bewiesen haben, gehe ich davon aus, dass Wesen existieren, die keinen Anteil
an der "festen" Substanz der Schöpfung haben. Das ist für
mich nur logisch. Die feste Substanz, in der wir leben, erscheint uns doch nur
fest, da unsere 5 Sinne auf sie hin justiert sind.
Warum soll es da nicht Sinne geben, für die andere - nicht unbedingt feinere
- Schwingungsebenen relevant sind?
Zu meiner Konfessionslosigkeit hat auch beigetragen, dass christlich geprägten
Menschen christliche Bilder erschienen, dass hinduistisch geprägten Menschen
hinduistische Bilder erschienen usw. Ich erkannte für mich, unendlich vorsichtig
mit diesen Bildern zu sein. Der Augenblick des Erscheinens der Bilder ist wichtig!,
nicht die Bilder selbst. Im Augenblick des Erscheinens geschieht eine Umwandlung
in uns und unser Gehirn versucht diese Umwandlung zu ergreifen und produziert
die Bilder. Das Anhaften an die Bilder stört dann den begonnenden Umwandlungsprozess,
denn wir versuchen ihn mit unserer begrenzten Persönlichkeit zu fassen
und zu ergreifen. Somit wird der Umwandlungsprozess manipuliert und verfälscht.
Schlimmstenfalls verpufft er im Nichts oder neurotisiert uns und gerade letzteres
findet meistens statt. Aus diesem Ereignis heraus entstehen dann die Sekten!
Am besten wäre es für uns, wenn vom Gehirn keine Bilder produziert
würden.
Der Alltag
zieht uns immer wieder in die seit Jahrtausenden von der Natur eingepflanzten
Verhaltens- und Wertemuster. Diese rauben uns die innere Freiheit und ziehen
uns in die Auseinandersetzung mit der Außenwelt hinein. Da das im Unbewussten
agierende Reaktionsmuster sind, treten sie oft subjektiv nicht in Erscheinung.
Damit dies deutlicher wird, möchte ich hier ein Beispiel bringen:
Die Sehnsucht nach Geborgenheit
In der Sehnsucht nach Geborgenheit verbergen sich viele dieser natürlichen
Werte. Da ist zum Beispiel der Zwang des Überlebens und der Fortpflanzung.
Damit die Gattung Mensch in den Jahrhunderttausenden überlebte, brauchten
sie die Gruppe. Ohne die Gruppe war das Leben sinnlos, denn es fand keine Fortpflanzung
statt und die Überlebensmöglichkeiten waren gleich null. Damit die
Sehnsucht nach Gruppe erhalten bleibt, pflanzte die Natur die Notwendigkeit
der Kommunikation ein. Wollen wir nicht zugrunde gehen, müssen wir Kommunizieren.
Nun erkennen wir aber ohne Schulung nicht, dass es mehrere Ebenen der Kommunikation
gibt und verharren auf der üblichen Ebene: des Gespräches, der Sprache
also. Wohlgemerkt, das ist ein innerer Zwang, kein freier Entschluss.
Erkennen wir diesen Zwang als Zwang nicht, zieht er uns im Alltag immer wieder
aus der Meditationsebene heraus. Natürlich können wir uns, und sollten
es auch, als Meditierende mit anderen unterhalten. Aber wir müssen dabei
ganz wach unterscheiden, ob dieses Gespräch aus dem von der Natur eingepflanzten
Zwang entsteht oder ob es ein freier Entschluss ist.
Geschieht es aus dem Zwang heraus, verliere ich den Kontakt mit den inneren
Welten. Geschieht es als freier Entschluss, behalte ich den Kontakt, und das
Gespräch nimmt einen völlig anderen Verlauf. Das Gespräch verbindet
dann die miteinander Sprechenden und füllt sie in der Tiefe auf. Im ersteren
Fall achtet so wie so jeder nur auf das selbst ausgesprochene und nickt nur
höflich oder aus Gewohnheit auf dass, was der andere von sich gibt. Die
Menschen erkennen nicht, wie sie sich verschleudern. Diesen Unterschied exakt
zu erforschen und zu realisieren ist ein entscheidender Meilenstein in der Meditation
im Alltag.
Mit diesem Meilenstein geht ein zweiter einher:
Hier hat mir die Arbeit Ken Wilbers den entscheidenden Anstoß
gegeben. Jeder im Alltag Meditierende sollte seine ersten Bücher studieren.
Aufgrund unserer Ängste und negativen Erfahrungen mit den uns "Erziehenden"
haben wir in unserer Kindheit eine wichtige Erfahrung gemacht: Unsere Vorstellungen
retten uns. Sie ermöglichen uns, nicht Verarbeitbares zu verdrängen,
schmerzhaft Erlebtes zu beschönigen und zu stark Bedrängendes umzuformen.
So gewöhnen wir uns im Laufe der Kindheit daran, uns mit der Welt der Vorstellungen
zu identifizieren. Wir haben den Zugang zur realen Welt verloren und leben fortan
in einer von uns selbst erschaffenen Welt.
Das Schlimme daran ist: Durch den Identifikationsprozess merken wir es selbst
nicht. Wir wundern uns nur immer wieder, dass die anderen unseren doch so logischen
Ausführungen nicht folgen können und völligen Unsinn reden. Unsinn
deshalb, da doch alles so offensichtlich und klar ist. Wir merken nicht, dass
die anderen aus ihrer Welt heraus natürlich die Situation völlig anders
sehen und deuten. So ist das Ergebnis = Verzweiflung: Keiner versteht mich!!!
Das Dogma des zweiten Meilensteins lautet: Ich muss aus der "Ebene"
der Vorstellungen, des Pseudolebens, heraus kommen und zu mir selbst finden.
Aber was heißt "zu mir selbst kommen"? Hier empfehle ich in
den Büchern von Ken Wilber sein Bild des Centaurs zu erforschen.
Ohne den Körper, den Leib und seiner Empfindungsebene - und der mit ihm
eng verbundenen emotionalen Ebene geschieht hier nichts. Wir müssen lernen,
unsere subjektiven Erfahrungen wieder ernst zu nehmen, so wie wir es als kleine
Kinder getan haben. Wir müssen den Mut haben, immer wieder einmal unsere
Kontrolle aufzugeben und scheinbare Fehler zu machen. Aber, und das ist das
Entscheidende, nicht aus den Vorstellungen heraus, sondern aus einem konkret
wahrgenommenen inneren Impuls heraus. Diese inneren Impulse wahrzunehmen und
ihnen zu gehorchen ist der Weg aus diesem Vorstellungsgefängnis heraus.
Jedem muss klar sein:
Das ist der einzige, erste und entscheidende Schritt zur Meditation hin und
gleichzeitig sehr, sehr schwer und immer durch die Gewohnheiten bedroht.
Ich hatte das Glück mit Übungen vertraut zu werden, die uns helfen, den Zugang zu der entscheidenden Empfindungsebene zu erleichtern, so dass sich die Verankerung in dieser Ebene mit dem Zugang durch die oben erwähnte Methode wunderbar ergänzen. Wird uns die Vertrautheit mit der Empfindungsebene zur Gewohnheit, signalisiert sie augenblicklich, wenn wir in die Vorstellungswelt verschwinden. Diese Vertrautheit könnte man auch als die erste Stufe der inneren Stimme bezeichnen. Sie hilft uns, bei uns selbst zu bleiben und als Centaur zu handeln und mit dem Leben wieder neu zu beginnen.