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Einführung in die Meditation

(Text vom 21.09.2002)

Leider gibt es bei uns im Westen die unterschiedlichsten und verrücktesten Vorstellungen über Meditation

Ich möchte hier nur hervorheben:
Meditation macht mich ruhiger.
Meditation ist spirituell und somit abgehoben.
Meditation ist gefährlich. Ich verliere meinen freien Willen.

Die Meditationsform, die ich vertrete, ist nüchterner als der Alltag und daher für mich so faszinierend.
Als erstes müssen wir wissen, dass es zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze von Meditationsmethoden gibt:
Die Anleitung auf die absolute Ebene bezogen und
die Anleitung auf die relative Ebene bezogen.

Die Anleitung in Bezug auf die absolute Ebene ist kurz und prägnant:

Sitzen wie ein Berg
die Augen wie ein Ozean
das Bewusstsein im Körper

In der Entspannung entspannen
In dem Wachsein wach werden

Das genügt. Nun beginnt die Übung:
Minuten-, stunden-, tage-, jahrelang.
Zu dieser Form gehört auch die Zenmeditation.

Schon der erste Satz: Sitzen wie ein Berg, was wörtlich gemeint ist, ist für uns Menschen aus dem Westen so fremd, dass wir, meiner Ansicht nach, eine andere Meditationsanweisung benötigen, um diesen Zustand zu erreichen.

Beim zweiten Satz: Die Augen wie ein Ozean, werden der Raum, der wir in unserer Tiefe sind (Transpersonale Ebene), und die Weite dieses Raumes angesprochen. Auch dies ist ohne spezielle Übungen im Alltagsleben kaum aufrecht zu erhalten.

Der dritte Satz: Das Bewusstsein im Körper, liegt uns eigentlich noch ferner, denn unter Bewusstsein verstehen wir etwas völlig anderes als es diese Meditationsformen meinen. Um dies abzugrenzen, nenne ich dieses Bewusstsein das Empfindungsbewusstsein. Nur über die körperliche Empfindungsebene lösen wir uns von der bei uns üblichen Sicht des Bewusstseins.

Also gehen wir auf die relative Ebene. Nur diese relative Ebene ist im Alltag durchführbar. Wir müssen also Meditationsformen und -methoden finden und entwickeln, die auch im Alltagsleben durchführbar sind. Wir sollten uns daran gewöhnen, unsere Befindlichkeit im Alltagsleben als Meditationsobjekt zu nehmen.

Der Hintergrund dieser ganzen Gedanken und Anstrengungen, die Meditierende auf sich nehmen, liegt für mich in dem bei vielen Menschen tief verwurzelten Wunsch, zu erkennen, wer sie eigentlich sind. Wer diesen Wunsch nicht in sich wahrnimmt, sollte gar nicht mit dem Meditieren beginnen. Ich möchte den tiefen Wunsch nach Meditation mit dem Satz charakterisieren, zu dem viele Menschen irgendwann im Leben kommen:
Das kann es doch nicht sein! Dieses Leben, das ich führe und wie ich es führe, kann doch nicht der Sinn meines Daseins sein!

Nach dieser theoretischen Einleitung will ich nun etwas konkreter werden:

Wir müssen uns klar werden, dass wir unser Leben weit weniger so annehmen wie es ist. Wir umhüllen es mit unseren Vorstellungen wie mit einer kaum durchdringbaren Schicht:
Mein Leben muss so und so sein.
Meine Nächsten müssen so und so sein.
Ich wünsche mir das und das.
Usw.

So verlieren wir uns in Projektionen und fehlgelaufenen Identifikationen.
Daraus entspringen dann die Bewertungen von uns selbst und anderen.
Die Probleme, der Schmerz, das Leid wird programmiert.

Die Vorstellungskraft prägt ungeheuerlich unser Leben. Sie drängt es stark in eine oft fehlgeleitete Richtung. Wenn dies wahr ist, und jeder kann es überprüfen, so muss sie eine sehr bedeutsame Kraft sein. Also benutzen wir doch diese Kraft, um uns aus diesem selbstgeformten Gefängnis zu befreien. Das erreichen wir unter anderem mit den Imaginationsübungen, die ich auf Kassette gesprochen habe und die ihr in den nächsten Monaten zu Hause und an jedem anderen Ort einüben könnt.

Zu dieser Vorstellungskraft bzw. Imaginationskraft kommen noch drei in der Meditation sehr intensiv wirkende Kräfte hinzu:

Das Schauen,
das Spüren,
die Atmung.

Über diese drei werde ich ein anderes Mal sprechen.

Was erreichen wir durch das Imaginieren?

Wir gehen in einen Daseinsbereich, den wir als Erwachsener selten erfahren haben. Als kleines Kind lebten wir darin, ohne ihn als solchen bewusst wahrzunehmen. Dann "flogen" wir Schritt für Schritt aus dieser Daseinebene heraus. Da dieser Bereich jenseits unserer Gedächtnisfähigkeit liegt, erinnern wir uns nicht mehr daran.

Dieser Bereich ist der SEINS-bereich des Raumes. Dieser Raum hat nichts mit unserer augenblicklichen, vordergründigen Persönlichkeit zu tun, obwohl er der Hintergrund und die Basis unserer Persönlichkeit ist. Dieser Raum ist das Nichtgestaltete aus dem wir uns gestalten. Fast alle meine Artikel dieser Webseite beschäftigen sich mit dem Zugang zu ihm.

Wir verhalten uns wie Fische, die das Wasser erst als ihr Element erkennen, wenn sie es verlassen mussten und leidend nach Luft schnappen. Wir leiden, weil wir ebenso unser wahres Element (diesen Raum) verlassen haben. Da wir diesen Sprung vergaßen, suchen wir in der falschen Richtung, im Außen, obwohl unser wahres Element nur im Innern zu finden ist. Die einzige Schwierigkeit liegt also "nur" darin, dass wir die Notwendigkeit erkennen, einer Änderung der Sicht auf DAS LEBEN zuzulassen. Wir müssen als Meditierende den Widerstand gegen die sich automatisch verändernde Sicht aufgeben. Wobei unter Sicht kein neues Weltbild gemeint ist. Diese Sicht hat nichts mit Denken zu tun. Sie geht über die Erkenntnis des Zustandes unseres Inneren.

Akzeptieren wir dies, werden wir irgendwann entdecken:
Nicht die Umwandlung ist die Schwierigkeit, sondern die Akzeptanz der Umwandlung.

Wir haben einen unbändigen Drang nach Form, aber hierbei schwingt immer die Fixierung mit, d.h., wir fixieren uns auf die Form und halten mit Todesangst an ihr fest. Über die gezielt eingesetzten Imaginationsübungen lösen wir uns von dieser Fixierung und treten in die Weite und Freiheit unseres SEINS ein.

Der Weg dahin ist schwierig, doch höchst spannend:
Ohne es zu wissen - doch wir ahnen es - leben wir als Alltagsmenschen nur einen Bruchteil der Lebensqualität, die möglich wäre. Um mehr Lebensqualität zu erreichen, müssen wir als erstes die Energie, die in den Blockaden und Verspannungen unseres Körpers gebunden ist, befreien.

Für diese Befreiung sind nun im Osten und auch im Westen die unterschiedlichsten Übungen - die Tibeter nennen sie bezeichnender weise GESCHICKTE MITTEL- entwickelt worden. Einige davon werden wir in unserer Bewusstseinsschulung als fruchtbare Ergänzung zu den Imaginationsübungen einsetzen.

Nun möchte ich noch kurz erläutern, warum ich meine Arbeit Bewusstseinsschulung oder Heilmeditation nenne.

Heil sein heißt für mich: In die ursprüngliche vom Sein bestimmte Ordnung zurückzukommen. Eine Ordnung, in der wir Zufriedenheit, Gelassenheit und Geborgenheit in uns finden. Die Basiskraft für dieses Heilwerden ist das Bewusstsein bzw. die Kraft, an die wir durch Bewusstwerdung Anschluss finden. Diese Kraft kannten alle Hochkulturen. Sie nannten sie Chi, Prana, Od, Ka, Ed usw.

Diese Kraft wirkt immer in zwei miteinander korrespondierenden "Gegenkräften". Die uns bekanntesten Namen dafür sind Yin und Yang aus dem Chinesischen. Aber auch die Bibel kennt sie und deutet es in der Schöpfungsgeschichte an. Diese beiden Kräfte sind die Basis für jeden Gedanken, jedes Gefühl, jede Emotion, jede physische Form. Ihr Wirken ist die Schöpfungskraft; sie wird oft als „Fluss“ oder „in Fluss sein“, bezeichnet.

Der äußere Spiegel ihres Fließens ist das Wachstum der Natur, die Bewegung von Tier und Mensch, die Veränderung der Gefühle, der Fluss der Gedanken. Jedes Festhalten und Fixieren an Formen widerspricht dieser Chi-, Heil- bzw. Bewusstseinskraft und Krankheit in allen Ebenen ist die Folge. Wir müssen also lernen, durch die Formen hindurch diese Kraft zu finden, uns mit ihr zu identifizieren und uns an ihrem Spiel mit dem Entstehen und Vergehen der Formen zu erfreuen. Ihr Wirken ist Freude und das Glücklich-sein. Doch zu jeder Form gehört die Veränderung und Auflösung. Wir erleben dies als Tod und Zerstörung.
Erkennen wir den Wert in der Veränderlichkeit (nicht nur intellektuell), verliert die Veränderung, der Tod, die Zerstörung der Form ihre Angst erregende Dimension. Das aus der Veränderung erfolgte Leid relativiert sich.

Das, was in unserer Persönlichkeit der Fixierung entspricht, ist das Ego, das Festhalten an althergebrachten Vorstellungen wie das Leben sein muss. Somit ist das Ego die Quelle unserer Schmerzen und Leiden. Identifizieren wir uns mit diesem Ego, dann stimmt es, wenn es heißt, dass nur wir selbst die Ursache unseres Leidens sind und sonst keiner.

Die Essenz aus allem lautet für mich:
Geben wir der Bewusstseinskraft ihren Raum. Indem wir Raum werden, kann sie ihr Heilsein frei entfalten und in uns und durch uns freudvoll wirken.