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Man braucht sich nicht zu ändern!

Viele Menschen schauen im falsch verstandenen therapeutischen Sinne auf ihre Lebensweise. Das heißt, sie haben mit sich oder anderen ein Problem und dies muss „bearbeitet“ werden. Bearbeiten heißt dabei, es muss weg oder es muss eine für sich befriedigende Lösung gefunden werden. Die eigentliche therapeutische Sicht in diesem Falle bedeutet: Ich habe zwar mit mir oder mit anderen ein Problem, doch ich nutze dies, um mein Gewahrsein (awarness) und meine Reaktionsmuster zu schulen und kennen zu lernen.

Meditativ gesehen heißt Letzteres: Keiner ist ideal, denn dann wäre er göttlich, also muss er lernen, über die Gewöhnung an das Gewahrsein oder eben den inneren Beobachter seinen Problematiken gegenüber immer freundlicher zu werden. Sie waren einmal Not-wendig und sind ein Teil von mir geworden, also muss ich lernen sie zu akzeptieren. Akzeptieren bedeutet hier: beobachten und liebevoll wahrnehmen. Dann verlieren sie ihre Macht über uns.
Das darüber Nachdenken, das Analysieren und der Wille, sie loszuwerden, sind Teil des Problems, wenn nicht sogar die Basis. Wir brauchen Hilfe von außerhalb unserer kleinen Persönlichkeit. Diese Hilfe bietet uns der Beobachter in uns (nicht der Kommentator).

Nur darum geht es mir in allen Artikeln!!!
Wir werden, da wir nicht die Vollkommenheit Gottes haben, sondern nur einen winzigen Aspekt der Vollkommenheit, immer mit unserer Unvollkommenheit leben müssen und dürfen!!! Oft denke ich, dass unser unbewusstes Wissen um die letztendlich existierende Vollkommenheit unser eigentliches Problem ist, denn viele streben ungeduldig nach ihr. Doch keiner weiß, und kann es auch nicht wissen, was Vollkommenheit ist, und so strampeln wir wie Herkules durch unser Leben und versuchen, die Erde auf unseren Schultern zu tragen. Gleichzeitig fühlen wir uns völlig überfordert und möchten diese unvollkommene Erde mit Füßen treten.
Wir müssen die Sinnlosigkeit dieses Paradoxons erkennen und akzeptieren und unsere Omnipotenzsucht begraben.

In unserem Gehirn und Körper sind mechanisierte Kräfte am Werk, die automatisiert sind und ihre alten Informationen über Lösungsmöglichkeiten beharrlich aufrechterhalten. Dies ist ihr von der Natur gegebener Auftrag. Diese Informationen erhielten sie durch genetischen Input und die Art unserer Erziehung. Danach richten sie sich. Sie müssen lernen, dass sie ihre alten Reaktionsmuster nicht mehr bedingungslos auszuführen brauchen. Ein solcher Lernprozess benötigt viel Zeit. Also benötigen wir eigentlich unendlich viel Geduld mit uns. Auch mit unserer Ungeduld brauchen wir Geduld.
Schon seit Jahrtausenden wussten das die Weisen und rechneten mit vielen Jahren der meditativen Entwicklung. Doch gerade darin liegt für mich der Reiz. Wäre alles so einfach, wäre es doch nicht so spannend und wir wären auch nicht so interessante Wesen!

Jedes Tier hat ähnliche Mechanismen wie wir. Das bedeutet, wir sind wie sie weitgehend konditioniert und nicht frei. Die Freiheit ist identisch mit dem Beobachter und den Phänomenen, die hinter ihm liegen. Da diese Mechanismen so hartnäckig und wir mit ihnen identifiziert sind, benötigen wir einen Lehrer, der für lange Zeit ein Ersatz für den Beobachter in uns ist. Diese Rolle sollte seine einzige Aufgabe sein. Sind wir mit dem Beobachter in uns identifiziert, benötigen wir den Lehrer allenfalls noch als gleichberechtigten Freund.

Der Beobachter ist die Basis des Vollkommenen und da wir Teil der Vollkommenheit sind (etwas anderes gibt es nicht), ist er nicht dermaßen weit von uns „entfernt“, wie viele oft glauben. Nur das Ego hat keinen Anteil an ihm. Das Ego gaukelt uns unabhängige Individualität vor. Hier kann nur eine Änderung der Sicht helfen:

Vom Ego her betrachtet, haben wir anscheinend die Macht uns zu ändern. Vom Beobachter her betrachtet, haben wir sie nicht. Wir brauchen diese Macht auch nicht, denn alles in uns strebt sowieso nach Vollkommenheit, also absoluter Harmonie und Zufriedenheit. Das bedeutet, dass die Störfelder, die wir als Ego vergeblich ändern wollten, in sich selbst zusammenfallen, wenn wir uns auf die Ebene des Beobachters zurückziehen.
Besser noch: Die Störfelder sind Mechanismen, die unser Leben einfacher und unkomplizierter machen. Ihre Kombinationen lassen uns zum Individuum werden, das einmalig ist. Doch gleichzeitig sind wir als Beobachter frei davon und nicht auf sie angewiesen.