Wie Oben So Unten

Der Laut A-M-EN

Alle Artikel dieser Webseite sind subjektive Aussagen. Und wie ich schon öfter anführte, nur als Anregungen gemeint.
Ich möchte in diesem Artikel noch subjektiver bleiben, denn mich verbindet mit dem „Amen“ eine tiefe Erfahrung. Ende der siebziger, Anfang der Achtzigerjahre war ich in den Schulferien regelmäßig mehrere Wochen in einem Therapiezentrum im Schwarzwald (Rütte, bei Graf Dürckheim). Dort nahm ich jeden Tag zwei Therapiestunden. Das war natürlich sehr radikal und so kam ich immer wieder an meine Grenzen. Unter Grenze verstehe ich hier, dass ich öfter im psychiatrischen Sinne ver-rückt (nicht mehr Ich) war. Doch ich nahm es in Kauf verrückt zu werden. Mir blieb auch nichts anderes übrig, denn ein innerer Drang trieb mich an. Ständig hatte ich mystische Erlebnisse. Geister, Feen und anderen übersinnliche Gestalten waren meine ständigen Begleiter bei Tag und in den Träumen der Nacht. Damals glaubte ich noch an sie, heute denke ich, dass es abgespaltene Aspekte meiner Persönlichkeit waren, mit denen ich konfrontiert war. Mein innerer Zustand war geprägt von Zerrissenheit, abgrundtiefer Verzweiflung und unbändiger Kraft. Ein aus meiner Tiefe Getrieben-sein jagte mich von „Erlebnis“ zu „Erlebnis“. Die Dramatik kann ich hier nicht wieder geben.

Eines Tages eskalierte es in mir. Ich war unglaublich unruhig und schlug vor einer entscheidenden Therapiestunde sogar mit dem Kopf mehrmals gegen die Wand. In der darauf folgenden Therapiestunde hatte die Therapeutin ein Bänkchen vor mir aufgestellt, über das sie ein Tuch gehängt hatte. Sie bat mich, mich davor zu setzen und mit beiden Händen darunter zu fassen. Ich fühlte eine Kugel in meinen Händen. Diese Kugel begann zu pulsieren, wurde immer größer und dynamischer, in mir explodierte etwas und plötzlich sah ich mit meinen geistigen Augen einen mächtigen Pfahl, der aus dem Kosmos bis in die Insel Sinai reichte. In der Mitte des Pfahls befand sich eine pulsierende, riesige Kugel, mehr ein Herz, und eine innere Stimme dröhnte in mir:

A-M-EN: Anfang und Ende und in der Mitte steht der Mensch. Ich brach schreiend, zitternd und zuckend zusammen. Dieses Erlebnis brachte mich dem Christentum wieder näher. Jahrzehntelang war es nicht mehr in meinem Kopf gewesen.
Das, was mich über lange Zeit gequält hatte, war verschwunden, mit meiner „Entwicklung“ ging es in großen Sprüngen merklich voran. In mir blieb es für längere Zeit ausgeglichener, bis mich ein neues tiefgreifendes Erlebnis dazu brachte, meine spätere Meditationslehrerin aufzusuchen. Die Zeit in Rütte war damit zu Ende und eine neue Phase begann, die nüchterner, subtiler, aber trotzdem schwierig blieb.

Mit diesem Beispiel möchte ich auf zweierlei hinweisen.
Jeder, der sich einem ernsthaften inneren Wandlungsprozess aussetzt, muss mit Schwierigkeiten rechnen. Er muss sie einkalkulieren und sich ihnen stellen. Verläuft eine meditative Entwicklung „harmonisch“, werde ich sehr misstrauisch, denn dann befürchte ich, dass das eigene Ego zu manipulierend eingegriffen und starke Widerstände aufgebaut hat. Es gilt, sich dann diesen Widerständen zu stellen.
Und zweitens: Unsere unbewussten Teile haben wesentlich mehr Inhalte aus den letzten Jahrhunderten unserer Kultur übernommen, als wir glauben. Es gilt ihnen zu vertrauen. Gelingt uns das, brauchen wir nicht alles zwanghaft zu durchdenken, um es befriedigend für das Ego einordnen zu können.

Meine Deutung des Amens:

Wie beim „Aum“ enthält dieser Urlaut ein A und ein M. Das A steht immer für die Öffnung des Herzens, des Brustraums, unseres Zentrums, dem eigentlichen Menschsein. Dies ist der innere Raum der Kugel, die mir erschien.
Es ist die Raumebene in uns. Lassen wir uns ganz auf diesen Raum ein, treten wir in die Ebene der „greifbaren“ Stille, danach folgt die Lichtebene.
Doch vorher müssen wir die neurotischen Verkrustungen in uns befreien, darum schrieb ich die vielen Artikel dieser Webseite in „Persönlichkeit“ und „Transpersonaler Mensch“. Ohne sich diesen „Verschmutzungen“ zu stellen, können wir den Weg in letzter Konsequenz nicht gehen. Er bleibt uns verstellt und es besteht die Gefahr, dass wir uns ein mentales Weltbild aufbauen und uns darin verirren. Dann sitzen wir in einer ausweglosen Falle. Leider machen dies viele Meditierende aus Angst vor den inneren Schwierigkeiten

Das M steht für den Umfang der Kugel. Er begrenzt uns, doch ohne Begrenzung können wir als Persönlichkeit nicht existieren. Grenzenlosigkeit ohne einen Fixpunkt zu haben wäre psychotisch-sein, also geistige Krankheit. Es sei denn, es gelingt uns, sich mit dem Grenzenlosen zu identifizieren. Doch das ist willentlich nicht zu erreichen.

Das E steht für das Halschakra. Dieses Chakra entspricht dem Nadelöhr, durch das das Kamel hindurchgehen muss: Die untersten drei Chakren entsprechen dem Tier in uns, dem rein irdischen Wesen, das erst mit unserem Bewusstsein erobert und verfeinert werden muss, bevor es sich dem Kehlchakra annähern kann. Darum betone ich ständig das „Erden“ (siehe unter „Meditation“) und die vielen Übungen auf den empfohlenen CDs. Aber ohne therapeutische Arbeit ist dieser Weg wesentlich schwieriger und langwieriger.

Das N steht für die Verbindung zwischen den untersten Chakren und den beiden oberen, denn die Zunge berührt den Gaumen. Interessanterweise heißt der Gaumen im Holländischen nach Aussage meiner Meditationslehrerin „verhimmelen“. Die Zungenwurzel hat eine direkte Verbindung mit unserem Damm, dem untersten Chakra, der Erde „an sich“ in uns. So verbindet das N über die Funktion der Zunge das Kronenchakra mit dem Erdchakra.

Methode:
Ich wollte bewusst das Wort AMEN hier nicht im kirchlichen Sinne darstellen, darum die folgenden beiden Empfehlungen.

I. Beim Einatmen das A im Körper (vom Becken vor allem zum Brustraum) klingen lassen und das „men“ im Ausatmen im Körper nach unten (vom Brustraum ins Becken) verklingen lassen. Hin und wieder wechseln.

II. Es gibt einen bekannten Gospelsong („Amen“) der Schwarzen Amerikas. Wer sich dem Amen zuwendet, könnte ihn (jubilierend singend) als Grundlage seiner Übung nehmen. Das öffnet das Herz.

Kommentar der Korrekturleserin:
Ich habe als Kind gelernt, Amen bedeutet „So sei es“. Für mich verknüpfte es sich in einer Meditationswoche auch mit einem Erlebnis. Ich war sehr aufgewühlt und verzweifelt und war in meiner Unruhe spät abends noch spazieren gegangen, habe Steine geworfen und war wütend auf alles, wie es ist, vor allem auf mich. Da schaute ich den Mond an, und eine große Ruhe überkam mich. Der Mond „sagte“ einfach: „So ist es“. So einfach ist es. Es ist alles so, wie es ist. Da war das „Amen“ wieder da. Es war für mich immer wie der Punkt nach einer Aussage. PUNKT: So ist es. Das als Kind Gelernte begann in mir zu leben. (Mond, Punkt und deine Kugel haben ja alle dieselbe Form.)