Wie oben so unten

Grundübung von Tai chi

Tai Chi ist, nach meiner Überzeugung, eine aus einer subtilen Körperwahrnehmung entwickelte Heilmethode. Mich stört allerdings die Art und Weise, wie sie heute vermittelt wird. Da gibt es die 24iger- oder 48iger-Reihe. Es gibt Prüfungen, bei denen man durchfallen kann oder gut benotet wird. Das bedeutet, dass die Schüler auf die Exaktheit der Übungen achten und weniger auf die Reaktion. Die Kompliziertheit widerspricht der ursprünglichen Wirkung. Schon in der Grundübung liegt diese Wirkung begründet. Darum möchte ich sie hier einmal ausführlich anleiten. Wer möchte, kann sich eine CD bei dem jungen Mann bestellen, der die Website erstellt hat und bei dem auch die anderen CDs bestellt werden können.

Übung

Die beiden Beine etwas mehr als hüftbreit auseinander stellen. Mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen. Das Becken wird etwas nach vorne geschoben, damit das Hohlkreuz frei wird. Ihr stellt euch vor, ihr würdet auf einem Barhocker sitzen, so dass die Knie stark gebeugt sind. Im Atemrhythmus lasst ihr euch abwechselnd auf das linke Bein, dann auf das andere Bein nieder. Ihr atmet durch das jeweilige Standbein aus. Im Einatmen wechselt ihr auf das andere Bein und atmet wieder aus. Achtet darauf, dass ihr so wenige Muskeln wie möglich benutzt. Macht einen kleinen Tanz daraus.

Wenn ihr euch beobachtet, dreht sich der Körper immer ein wenig. Denkt an den Barhocker und die gebeugten Knie.

Jetzt kann man diese Bewegung etwas verstärken. Wenn ihr zum Beispiel auf dem linken Bein steht, atmet ihr durch die linke Seite, wie durch ein Rohr, bis in den Boden hinein aus und atmet durch die Fußsohlen durch das ganze Bein bis in das Becken wieder ein. Den gesamten Fuß gleichmäßig belasten. Die Zehen drücken uns im Einatem auf die andere Seite. Spürt in das Bild des Tanzes hinein. Wenn ihr das zulasst, merkt ihr, dass die Arme und Hände mitgehen.

Stellt euch vor, unter den Füßen ist ein großer blauer Ballon und ihr tanzt darauf. Ihr atmet von diesem Ballon her ein und in diesen Ballon hinein aus. Wer noch nicht das Gespür für die Kraft unter den Füßen hat, bildet die Wurzeln in diesen Ballon hinein. Mehr und mehr darauf achten, dass das Knie, zu dem wir wandern, nach außen hin zieht. Dadurch dehnen und öffnen sich die Leisten. Alle Gelenke sind in Bewegung.

Die Belastung des Körpers immer ganz auf das Standbein geben und das andere vollkommen frei lassen, dann kann es regenerieren.
Mehr und mehr auch die Haut der Zehen, Füße und Beine in das Empfindungsbewusstsein einbeziehen. Der Oberkörper und der Kopf folgen aufrecht dieser Bewegung.

Wenn ihr jetzt ausatmet, atmet ihr auch durch die Arme und Finger aus. Die Finger verlängern sich und nehmen Kontakt mit dem Boden auf.

Jetzt könnt ihr beginnen, den Fuß, zu dem ihr hinwandert, ein wenig zu drehen, so dass die Bewegung in der Hüfte stärker wird. Nun lasst ihr die Arme folgen, wohin sie wollen. Ihr benutzt von den Fersen her die gesamte Länge der Beine. Jetzt kann sich das gestreckte Bein wirklich strecken, ohne dass sich die Muskulatur verspannt.

Achtet darauf, wie sich das Gewicht verlagert und wie die Muskeln unterschiedlich aktiv werden. Den Ballon nicht vergessen. Vielleicht ist er jetzt auch größer geworden.

Diese Bewegung bringt uns auch im Psychischen und Mentalen einen Ausgleich.

Immer darauf achten, dass die Zehen genau so aktiv sind wie der übrige Körper, dass die Knie abwechselnd gebeugt und gestreckt sind und auch die Haut der Beine und Füße und den blauen Ballon wahrnehmen.

Die Drehung findet nur vom Becken abwärts statt, der Oberkörper und der Kopf bleiben gerade. Dann beginnt oft nach einiger Zeit ein Zittern in der Muskulatur der Beine und das genießt ihr. In den Oberschenkeln sitzt das Muss und in den Waden die Angst. In den Knien, unterhalb der Kniescheibe, verbirgt sich eine Urangst, die uns nicht erlaubt das Leben so anzunehmen wie es ist.

Nun geht das rechte Bein noch stärker nach außen und der Ellbogen folgt. Der Ellbogen macht große Bewegungen, auch das Knie. Das Becken ist weiter gekippt, das Kreuz bleibt entspannt. Der Ellbogen folgt immer dem Knie und umgekehrt.

Der linke Arm folgt dem rechten. Der rechte Arm geht nach oben, dann die Seite wechseln.

In den Achselhöhlen wohnt das sture Ego, in den Leisten die Angst, nicht zu sich stehen zu können. Beide vermögen sich jetzt zu lösen.
Die Hand des ziehenden Ellbogens geht bis in die Höhe der Stirn, die folgende Hand bleibt auf der Höhe des Beckens. Die Handflächen zeigen zueinander und zwischen beiden befindet sich ein Ballon. Diese sanfte Bewegung bringt die Aura in Bewegung. So können sich ihre Verkrustungen lösen und sie erhält die Möglichkeit sich wieder eine neue Harmonie aufzubauen. Jetzt mit dem Empfindungsbewusstsein auch in den Händen und Armen sein. Hände und Finger verlängern wir imaginativ.

Knie und Ellbogen geben die Richtung an und der Körper folgt dieser Bewegung. So entsteht ein wunderschöner Tanz. Oft steigt jetzt auch Freude auf. Das ist die Chikraft des Beckens.

In diesem Bewusstsein bleiben, sich hinsetzen und genießen.

Beim Sitzen sofort in die Haut der Beine, Füße, Arme und Hände gehen. Das große Dreieck bilden: Die Knie und das Steißbein miteinander verbinden. Aus diesen drei Punkten Pfahlwurzeln in den Boden hinein sich bilden lassen.

Sich vom Einatmen aufrichten lassen und im Ausatmen niederlassen.

25 Minuten in dieser Wahrnehmung des Körpers sitzen bleiben.

Mehr als diese Übungsreihe braucht man wirklich nicht. Wichtig ist allerdings, dass man sie regelmäßig und mit voller Achtsamkeit auf den gesamten Körper durchführt. Mit der Zeit wird man immer deutlicher wahrnehmen, dass alle Gelenke beweglicher und vertrauter werden. Das ist ein entscheidender Schritt, denn die Gelenke sind massive Staustufen für unsere Lebenskraft. Die Muskeln werden weicher und ebenfalls elastischer. Wir fühlen uns frischer und lebendiger.