Viele Menschen leiden zwischen dem vierzigsten und fünfzigsten Lebensjahr unter ganz speziellen Problematiken.
Herausragend sind:
Körperlichen Beschwerden,
Übertriebenes Beachten von Eß- oder Trinkgewohnheiten,
Stellen der Sinnfrage,
Hinterfragen des bisherigen Lebens (viele Ehen werden in diesem Alter geschieden).
Hinter all diesen Bereichen befindet sich die Angst vor Veränderung und
der Kampf mit dieser Veränderung.
Ich bin mir sehr sicher in meiner Einschätzung, dass vor allem die körperlichen
Beschwerden fast ausschließlich psychosomatischer Natur sind.
Es gibt meiner Beobachtung zufolge dabei keine speziellen Krankheiten. Auf jeden
Fall liegen sie aber im inneren Bereich: Fälle für die Internisten.
Als ich das erkannte und auch in meiner Biographie nachschaute, wurde mir klar, dass der nun beginnende Lebensabschnitt zu dem vorhergehenden (etwa zwanzigstes bis vierzigstes Lebensjahr) völlig andere Perspektiven eröffnet. Dieses Neue, wird jedoch in unserer Gesellschaft nicht erkannt und diese Menschen werden, wie in der ersten Pubertät, allein gelassen. Sie selbst erkennen natürlich auch nicht, was mit ihnen geschieht und sie fühlen sich krank und alleine. Viele trennen sich dann von ihren langjährigen Partnern. Die vorgegebene Veränderung dieses Alters, vermischt mit den Werthaltungen des zu Ende gehenden Lebensabschnittes, verführt sie zu falschen Schlüssen und Entscheidungen.
Was ist mit ihnen geschehen?
Die vorhergehende Lebensphase war ganz nach außen gerichtet. Es ging in
ihr darum, einen Platz in der Gesellschaft, im sozialen Umfeld und Arbeitsbereich
zu finden und für Nachkommen zu sorgen. Das füllte sie aus, das gab
ihnen einen Wertekanon, der mit den von innen her drängenden Werten übereinstimmte.
Das gab ihnen einen Lebenssinn.
Nun ändert sich ab dem 40ten Lebensjahr etwas grundlegendes!
Das Außen verliert seine Ausschließlichkeit, seine Wertigkeit nimmt
ab und neue Werte steigen im Innern auf. Dies ist ein jahrtausendealtes Wissen
und viele alte Kulturen richteten ihre Lebensumstände danach. Diese Kulturen
hatten die Krise dieses Alters nicht. In Indien ist dies noch ersichtlich.
Doch das Dilemma bei uns im "Westen" besteht darin, dass unsere Werte
im Außen bestehen bleiben, was vor allem in den USA sehr deutlich zu beobachten
ist (Stichwort: Jugendwahn). Wir haben das Wissen über die Existenz und
den Zugang zu diesen inneren Werten vergessen oder gar verdrängt. Dies
ist um so bedeutsamer, als unsere Lebenserwartung um ein vielfaches, bezogen
auf die Zeit nach dem 40ten Lebensjahr, gesteigert ist. So werden die nach außen
gerichteten Werte der 20 - 40jährigen auf die Zeit danach ausgedehnt. Das
bedeutet, dass wir ab dem 40ten Lebensjahr an unserem, von der Schöpfung
eingegebenen Leben vorbei leben.
Hier gilt es in dem Bemühen anzusetzen:
Wir müssen dem inneren Drang, die neuen Werte anzunehmen, folgen.
Wir müssen sie erkennen und
Wir müssen gleichzeitig den äußeren Ansprüchen gerecht
werden, denn wir gehören nun einmal zu dieser Gesellschaft.
Gelingt uns das und es ist möglich, so gedeiht das eigene Lebensgefühl
und die Wirkung auf das soziale Umfeld wesentlich reicherhaltiger. Hinzu kommt,
dass der Gang zum Arzt wegfällt, denn das innere Gleichgewicht wird ständig
neu hergestellt, und so braucht sich das Ungleichgewicht nicht als Krankheit
zu manifestieren. Bei fast allen Klienten dieses Alters, die mir in den vielen
Jahren in diesem Alter begegnet sind, habe ich diesen Wandel mehr oder weniger
beobachten können und nicht zuletzt auch bei mir selbst.
Was aber ist zu tun?
Die meisten meiner Artikel dieser Webseite beschäftigen sich mit dieser
Problematik. Es geht darum, unser Inneres so ernst zu nehmen, wie die Außenwelt.
Wir müssen lernen, der Innenwelt genau so ernsthaft zu begegnen wie der
Außenwelt. Wir müssen erkennen, dass es auf die Begegnung ankommt,
dass der Sinn im Begegnen liegt und die einzelnen Phänomene, ob im Inneren
oder Äußeren zweit- oder sogar drittrangig sind. Ob ich Schreiner
oder Professor, ob ich Lehrer oder Schornsteinfeger bin, wird nebensächlich.
Das Entscheidende ist, wie ich als Ganzheit meiner Persönlichkeit das gesamten
Feld meines Lebens, und dazu gehört auch die Innenwelt, ausfülle.
Ich brauche aber nicht erst 4o Jahre alt zu werden, um in diese Auseinandersetzung
einzusteigen. Denn dann ist es für viele schon zu spät. Die von außen
übernommenen Werte haben sich dann oft schon so festgesetzt, dass jede
Veränderung, und das bezieht sich vor allem auf die Männer, als ein
Versagen gedeutet wird. Krampfhaft halten sie dann an ihren Lebensgewohnheiten
fest und laufen lieber zum Arzt, um sich reparieren zu lassen, als dass sie
ihre Lebenseinstellung neu überprüfen.
Ich habe diese Zeit - die zweite Pubertät - genannt, da sie genau so eindringlich in uns wirkt wie die erste. In der ersten Pubertät lösen sich durch einströmende Hormone die alten Werte und Maßstäbe auf und dieses Geschehen zwingt uns, eigene zu finden, zu entwickeln oder neue zu übernehmen. Das gleiche müsste in der zweiten Pubertät wieder natürlich werden. Dann würde die daraus folgende Erhöhung der Lebensqualität eine Selbstverständlichkeit werden und das Leben würde um ein Vielfaches reicher.