Viele Menschen stöhnen, wenn sie frustriert werden oder sind. Sie fühlen sich unglücklich, genervt und werden schnell aggressiv oder depressiv. Sie verlieren ihre Energie und vergraben sich in Tagträume über die Frustrationssituation. Somit verlieren sie den Kontakt mit der augenblicklichen Situation und suchen über die Vorstellungen Lösungsmöglichkeiten, um sich vom Frust zu befreien. Diese Form bietet eine Entlastung, aber keine Lösung, denn der eigentliche Zeitpunkt für die Lösung ist verpasst.
Der Zeitpunkt für eine Lösung liegt nur im Augenblick des Frustriertwerdens. In diesem Augenblick laufen auf der mentalen, psychischen und körperlichen Ebene energetische Reaktionen ab, die es von uns als Bewusstseinswesen wahrzunehmen gilt. Gestatten wir diesen Reaktionen in uns, sich auszuagieren ohne dass wir uns ein Bild oder eine Vorstellung von der Situation machen, so reinigen und klären uns diese Frustrationsenergien und wir reagieren als souveräne Erwachsene.
Mit dieser "Übung" reifen wir enorm. Wir werden unabhängiger.
Wir erweitern unser Blickfeld und fallen nicht mehr so schnell auf die neurotischen
Reaktionen unserer Mitmenschen herein. Wir verfangen uns auch nicht mehr so
schnell in dem Netz unserer eigenen Neurosen. Mehr noch: Unsere eigenen Neurosen
verlieren an Kraft und Einfluss.
Wir lernen unsere Reaktionsmuster kennen und ebenso unsere Stimmungsschwankungen
und lernen, ihrer Macht über uns Grenzen zu setzen. Wir finden in diesem
wachen Vorgehen unsere Ausgeglichenheit, ohne verdrängen zu müssen.
Wir finden eine neue Erlebnisebene, die uns frei macht, uns Freiheit gibt. Aus
ihr heraus können wir frei entscheiden, ob wir in der Frustrationssituation
nicht doch frustriert reagieren sollten, ohne uns vom Frust beherrschen zu lassen.
Gerade darin liegt der Wachstumsprozess.
Dies ist für mich ein Kernpunkt der Meditation im Alltag.
Wir müssen einsehen, dass das Frustriertwerden zum Leben dazu gehört. Der Steinzeitmensch, der seinen Speer nach einem Wild warf und es verfehlte, konnte sich nicht der Frustration hingeben und sich einigeln und selbst bedauern. Er hatte Hunger und musste seiner Familie Nahrung heranschaffen. Er wurde von der durch die Frustration freigesetzten Energie angestachelt, erst recht die Jagd aufzunehmen. Er wurde in dieser Situation wacher und klarer. Sie klärte ihn, schulte ihn und seinen Intellekt. Er lernte daraus, in ähnlichen Situationen andere Strategien zu entwerfen.
Übertragen wir diesen Gedanken auf unsere Erziehung und die Erziehung unserer Kinder und gehen wir ein Stück darüber hinaus, so ergibt sich folgendes Bild:
Beispiele:
1. Es lebt ein kleines Mädchen mit ihrem kleinen Bruder, einer depressiven
Mutter und einem Vater als Handwerker, der verständlicherweise von seiner
depressiven Frau frustriert ist. Er freut sich an der kleinen lebenslustigen
Tochter und drückt seine Freude in Kosenamen und Lob aus. Die Tochter will
natürlich dem Vater gefallen und von ihm noch mehr Lob erhalten und in
ihm noch mehr Freude erzeugen und lernt daraus:
Wenn ich lebenslustig bin, bekomme ich Zuwendung und Bestätigung. Folglich
muss ich lebenslustig sein, sonst verliere ich die Zuwendung und Bestätigung
durch meinen Vater und später von anderen Menschen. Sie hat nie gelernt,
wie sie mit eventuellen Frustrationen umgehen kann. Sie ist heute zwar eine
selbstbewusste Frau geworden, aber der Druck zu gefallen und zu demonstrieren,
dass sie alles kann, ist unerträglich hoch geworden.
Mit der Zeit stellen sich entsetzliche Albträume ein. Sie entdeckt in der
Therapie: Eigentlich hat sie ihr Vater missbraucht. Natürlich kann man
ihm keinen Vorwurf machen. Doch sie muss jetzt entsetzt erkennen, dass ihr das
übersteigerte Persönlichkeitsbild in ihr das Leid erzeugt.
Auf meine Zeichnung bezogen (siehe unten):
Sie muss I. (übersteigerte Anforderungen) erfüllen. Gelingt ihr das
nicht, auf Dauer ist das unmöglich, fällt sie auf III. (Depression)
zurück. Das geht einige Jahre relativ gut, dann werden sich psychosomatische
Krankheiten einstellen.
2. Der umgekehrte Fall: Die Eltern verweigern mit ihren festgelegten Wertungen,
Meinungen und Gängeleien den Kindern ein eigenes Erfahrungsfeld, ist sicher
jedem bekannt. Dafür brauche ich kein Beispiel zu bringen. Für diese
Menschen besteht folglich der umgekehrte Weg:
Sie sehen sich stets als III. und um dieses zu kompensieren, denn sie wissen
natürlich unbewusst, dass sie dies nicht sind, verlangen und erwarten sie
von sich, dass sie sich so verhalten als wären sie I. Auch das bringt oft
eine permanente Überforderung oder kehrt sich in totale Arbeitsverweigerung
um.
3. Die ideale Haltung des Erziehenden erst prägt die reife Persönlichkeit
des Heranreifenden:
Der Erziehende geht mit seiner eigenen Frustration wie oben beschrieben um,
und fürchtet sich somit nicht, auch das heranwachsende Kind hin und wieder
mit dieser Frustration zu konfrontieren.
Dann wächst eine starke Persönlichkeit heran, die sich bei anderen
weder einschmeicheln, noch kämpfend verteidigen muss.
2. Der umgekehrte Fall, dass nämlich die Eltern mit ihren
festgelegten Wertungen, Meinungen und Gängelungen den Kindern ein eigenes
Erfahrungsfeld verweigern ist bekannter und darüber brauche ich hier nicht
zu schreiben. Für diese Menschen besteht folglich der umgekehrte Weg:
Sie sehen sich stets als III. und um dieses zu kompensieren, denn sie wissen
natürlich unbewusst, dass sie dies nicht sind, verlangen und erwarten sie
von sich, dass sie sich so verhalten als wären sie I. Auch das bringt eine
permanente Überforderung.
3. Die ideale Haltung des Erziehenden erst prägt die
reife Persönlichkeit des Heranreifenden:
Der Erziehende geht mit seiner eigenen Frustration wie oben beschrieben um,
und fürchtet sich somit nicht, auch das heranwachsende Kind hin und wieder
mit dieser Frustration zu konfrontieren.
Dann wächst eine starke Persönlichkeit heran, die sich gegenüber
anderen weder einschmeicheln - noch kämpfend verteidigen muss.