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Meditation für ein Wochenende

(Text vom 23.05.2003)

Ich halte diesen Artikel etwas neutraler –ohne spezifische Übungen-, damit man dieses Vorgehen auch in einer Gruppe benutzen kann. Es ist sehr empfehlenswert, sich im Sinne der „Meditation für eine halbe Stunde“ mehrmals vor einem Wochenende, auf dieses vorzubereiten. Das gilt auch, wenn man alleine meditieren möchte. Wir müssen immer daran denken, dass Meditation viel mit Gewöhnung zu tun hat: Der Gewöhnung, unsere Aufmerksamkeit von Außen nach Innen zu lenken.

Für ein ganzes Wochenende hat sich bei mir folgende Methode entwickelt:

Freitagabend: 90 Minuten
Wir nehmen Kontakt mit dem Becken, den Beinen und Füßen durch diverse Imaginationsübungen auf. (siehe CD. Sie befindet sich unter Übungen: CD-Rom) Wir wechseln zwischen Liegen und Sitzen. Die Zeit: 60 – 90 Minuten.
Durch das Einlassen auf den unteren Bereich des Körpers kommt ein energetischer Ausgleich zustande. Dadurch werden wir in der Nacht entspannter schlafen. Der mitgebrachte Alltagsstress wird abgebaut.

Samstagmorgen: 60 Minuten
Wir sollten auf keinen Fall länger als bis 6.00 Uhr morgens schlafen. Die Natur erwacht zwischen 4.00 und 5.00 Uhr, also auch unser Körper. Nicht umsonst stehen die Mönche um diese Zeit auf. Schlafen wir viel länger, so tritt automatisch eine Dumpfheit und Trägheit auf.
In dieser Stunde der Meditation bietet sich an, Übungen im Stehen (Tai Chi) und Sitzen (Erdungsübungen) durchzuführen.
Danach folgt eine längere Pause mit bewusstem Essen und Trinken. Gut wäre es auch, spazieren zu gehen.

Samstagvormittag: 2 x 60 Minuten
Zwischen 9.45 Uhr und 12.00 Uhr sollte die zweite Phase stattfinden, dazwischen (10.45-11.00 Uhr) machen wir eine Pause.
Es ist wichtig, sich genau an festgesetzte Zeiten zu halten. Der Körper hat ein ausgezeichnetes Zeitgefühl und stellt sich darauf ein. Außerdem treten dann die üblichen Gedanken („Soll ich jetzt auf Toilette gehen oder gleich?“) nicht auf. Kommen Schwierigkeiten in uns zutage, können wir nicht durch einen Toilettengang ausweichen. Außerdem ist die Zeit gegen 11.00 Uhr, sowie die Zeit um 17.00 Uhr, für eine stille Meditation besonders geeignet. (Während diesen Zeiten holt die Natur Atem.)
Wir beginnen immer mit den Erdungsübungen im Sitzen. Werden wir während der Meditation schläfrig, sollten wir uns erlauben, zu schlafen. In diesem Schlaf können sich die durch Stress erzeugten Verschmutzungen besonders gut lösen. Wichtig dabei ist jedoch, wie wir liegen.

Übung:
Hier schlage ich die Herzstellung vor:
Wir legen uns auf die linke Seite. Es ist die emotionale Seite, und bei fast allen Menschen ist sie energetisch schwächer als die rechte Seite. Wir legen die rechte Hand unter den Kopf und die linke Hand zwischen die Knie. Wir geben uns innerlich ganz der Erde hin und gehen mit unserem Empfindungsbewusstsein in beide Hände. Wir erlauben uns, dass die Hände mit dem entsprechenden Körperteil verschmelzen.

Ergebnis:
Allein durch diese Haltung können sich die Energien des Kopfes und der rechten Seite (Yang) mit den Energien der linken Seite und der Beine (Yin) ausgleichen. Die eigentliche, tiefe Erschöpfung befindet sich in der Brust. Und durch die sich ausgleichenden Energien findet hier eine tiefe Entlastung statt. Durch das Schlafen stören wir nicht mit unserem Ego diesen Ausgleichsprozess.

Mittagspause: 4 Stunden
Die Mittagspause sollte sehr lang sein. Für mich ist es wichtig zu erwähnen, dass die Pausen eigentlich keine Pausen von der Meditation sind, sondern nur die Fortsetzung der Meditation auf eine andere Art.
Hier geht es vor allem um die Achtsamkeitsübungen (Vipassana). Bei allem was man tut, sind wir ganz mit unserem Bewusstsein dabei.
Z. B.: Beim Essen sind wir ganz beim Kauen, Schmecken und Schlucken. Wir achten darauf, wie wir auch auf einem Stuhl sitzen, wie wir mit den Händen Bewegungen vollziehen. Wir sind diese Bewegungen. Die gleiche Einstellung sollte beim Kochen, Spülen, beim Toilettengang, usw. vorhanden sein. Selbst wenn wir lesen, dürfte der Bewusstseinskontakt mit dem Körper nicht verloren gehen.
Durch diese Art, die Pausen zu nutzen, gewöhnen wir uns daran, die Bewusstheit auch im Alltag aufrecht zu erhalten. Das ist für mich die Grundbedingung für ernsthaft Meditierende. Wenn wir nur die „Meditationszeiten“ als Meditation betrachten, kommen wir dort in die gleiche Leistungsschiene, wie wir sie aus dem beruflichen Alltagsleben kennen.
Meistens sind die Menschen nach der Vormittagsmeditation so erschöpft, dass sie in der Mittagspause viel schlafen. Wenn wir es genau besehen, ist diese Erschöpfung natürlich nicht durch die Vormittagsmeditation entstanden, denn diese Erschöpfung zeigt sich auch bei denen, die geschlafen haben. Dies entsteht durch den Kontakt - durch das Tiefer-Sinken des Bewusstseins – mit den oft Jahre alten Erschöpfungen, die durch den Mittagsschlaf weiter gereinigt werden können. Oft haben die Menschen in dieser Zeit auch sehr tiefe Träume.

Nachmittagsmeditation: 2 x 60 Minuten 16.00 – 18.00 Uhr
Abendmeditation: 2 x 60 Minuten 20.00 – 22.00 Uhr

Diese beiden Meditationsphasen sind für mich die entscheidenden. Hier sollten wir bereit sein, ganz und gar präsent zu sein. Es geht hier und in der Pause zwischen diesen Phasen darum, sich ganz an die vorgegebenen Übungen zu halten und nicht auszuweichen. Wir sollten uns klar werden, wie selten wir die Möglichkeit haben – oder sie uns nehmen –, uns total dem inneren Erleben zu stellen. Hier ist Vertiefung angesagt. Das bedeutet, nur unser Inneres zählt noch und die Auseinandersetzung damit.
Welche Übungen wir als Ergänzung oder Fokus in dieser Zeit machen, ist letztlich zweitrangig.

Sonntagmorgen: 60 Minuten
Nun beginnt ein Ausklingen der Vertiefung. Wir sollten wieder die Außenwelt einströmen lassen und nicht mehr so konsequent nach innen schauen. Wir machen wieder die Grundübung des Tai Chi oder gehen langsam und bewusst durch den Raum, sitzen zwischendurch für ca. 20 Minuten und betrachten die Sitzhaltung und die Atmung. Vielleicht zählen wir die Atemzüge von 1 bis 11 und zurück, um auch das Denken zu betrachten (siehe auch „Meditation für 6 Tage“).

Sonntagvormittag: 2 x 60 Minuten
9,45 – 12.00 Uhr (zwischen 10.45 und 11.00 Uhr Pause)
Meditieren wir allein, sollten wir jetzt Spaziergänge machen oder aufschreiben, was uns am Wochenende bedrängt hat oder was wir erfahren haben.
Meditieren wir in einer Gruppe, ist es wichtig, eine abschließende Gesprächsrunde zu führen, damit jeder die Gelegenheit bekommt, das „los zu werden“, was ausgedrückt werden muss. Auch die psychische Ebene sollte hierbei berücksichtigt werden. Dies ist auch eine gute Überleitung zu unserem Alltagsleben.

Noch ein Hinweis: Er gilt für alle zeitintensiven Meditationen! Wir müssen uns stets gestatten, unsere Positionen zu wechseln. Meditieren heißt nicht bewegungslos Sitzen! Die Imaginationsübungen können sehr gut auch im Liegen durchgeführt werden. Sitzen wir, so sollten wir auch hier auf die Schmerzen in den Beinen achten und die Beine öfters bewegen.
Die Schmerzen in den Beinen können als Meditationsobjekt genommen werden, müssen aber nicht. Auch das Stehen und Gehen gehört zur Meditationsposition