(Text vom 13.06.2003)
Da wir durch unsere Lebensumstände wahrscheinlich sehr selten zu solch
langen Meditationszeiten kommen, gilt es hier an dem zu arbeiten, was uns am
schwersten fällt: Die Arbeit am Mentalen.
Durch die Lebenseinstellung unserer Gesellschaft ist es für die meisten
Meditierenden kaum vorstellbar, dass es möglich ist, ohne Gedanken zu leben.
Die Identifikation mit der Gedanken- und Vorstellungsebene ist bei uns so umfassend,
dass wir glauben, ohne sie nicht lebensfähig zu sein. Wir müssen jedoch
davon ausgehen, dass jenseits der Gedanken (des Mentalen) das eigentlich erhoffte,
ersehnte und erfüllte Leben erst beginnt. Hier finden wir Geborgenheit,
Frieden und Glück.
1. Tag:
Verwurzeln (siehe CD Sie befindet sich unter Übungen: CD-Rom)
Die Atemzüge zählen (bis 11 zählen und zurück) und dabei
mit dem Bewusstsein an der Bauchdecke, dicht über dem Schambeinsein. Dabei
achten wir auf Erschöpfungen in der Brust und im Kopf und wir geben ihnen
nach und schlafen, schlafen, schlafen (Siehe auch Übungsreihe für
ein Wochenende).
2. Tag:
Das Denkens-wollen oder Nicht-denkens-wollen untersuchen
und erforschen, also das Denken beobachten: Denke ich wirklich selbst
oder sind es nur aufkeimende Gedanken? Sind es wirklich meine
selbstgedachten, selbst entwickelten Gedanken oder werde ich gedacht?
Ständig die Atemzüge zählen - bis 11 und zurück.
Die Konzentration liegt wieder im Becken und dem Dreieck: Sitzhöcker -
Steißbein.
3. Tag:
Auf den Chi-Punkt einlassen. Dieser Punkt (Vater-Mutter-Punkt der
Chinesen) liegt im hinteren Raum des Beckens, im Inneren unseres Körpers,
vor dem oberen Drittel des Kreuzbeins. Dabei weiter die Atemzüge zählen.
4. und 5. Tag:
Die Konzentration auf den Naseneingang und das 3. Auge zwischen den Augenbrauen.
Dabei aber vom Dreieck am Damm und dem Chi-Punkt ausgehen. Immer wieder versuchen,
ohne zu zählen, nur Gewahrsein zu sein.
Am 6. Tag
ist es unbedingt nötig, sich wieder allmählich mit der Alltagspersönlichkeit
zu identifizieren. Wie das geschehen kann, hängt natürlich von der
jeweiligen Situation ab. Auf jeden Fall schauen wir nicht mehr nur nach Innen.
Wir bemühen uns nach außen zu schauen. Vielleicht schreiben wir ein
Tagebuch über die letzten Tage, wenn wir allein meditiert haben. Haben
wir diese Tage mit einer Gruppe zusammen verbracht, so unterhalten wir uns über
das Erlebte und Erfahrene. Wir bemühen uns, es zu objektivieren und bekommen
dadurch den nötigen Abstand. Auf keinen Fall dürfen wir in dem erreichten
Zustand bleiben oder gar versuchen, ihn festzuhalten!!! Dann sind wir nicht
mehr beziehungsfähig und es geht mir gerade darum, dass wir im Alltag beziehungsfähiger
werden.
Wir können sicher sein, was wir erreicht haben, geht nicht
verloren. Die neue Tür bleibt offen, auch wenn wir sie im Alltag
nicht mehr wahrnehmen. Diese Änderung der Sicht, die in dieser Zeit stattfinden
kann, führt ein eigenes Leben und hat mit der Alltagspersönlichkeit
nichts zu tun. Diese Klarheit und Wachheit bildet nach und nach unseren Hintergrund
und setzt sich Schritt für Schritt auch im Alltag durch. Dieses Vertrauen
müssen wir finden.
Zusammenfassung:
Meditation heißt jahrelange Arbeit am Ego. Egoarbeit heißt
Integration der Persönlichkeit. Erst dann beginnt die eigentliche Meditation:
Wir sind dann nicht mehr auf dem Weg zum Weg sondern auf dem Weg. Zu dieser
Integration gehört unabdingbar, dass wir uns mit dem Prozess des Denkens
auseinandersetzen. Dies geht letzten Endes nur bei längeren Meditationsphasen.
Eine ideale Voraussetzung ist die Fähigkeit der völligen Entspannung
sämtlicher Muskeln. (Bild dazu: Wie eine Katze, die in der Sonne liegt.)
Dies gelingt uns Menschen nur bei voller Entwicklung des Körperbewusstseins.
Darum sind die vorbereitenden Übungen der ersten 3 Tage so wichtig. Schließlich
wirken Gedankenbeobachtung und Entspannung Hand in Hand.
Zum Schluss ein Hinweis: Diese Entspannung hat mit der üblichen aus dem
Alltag bekannten Entspannung natürlich nichts zu tun.