Wie oben so unten

Das Hundert-Silben-Mantra

Das Hundert-Silben-Mantra (HSM) der Tibeter öffnet uns gegenüber der Yangkraft, der geistigen Kraft des Kosmos. Wir sollten bei der Anzahl der gesprochenen Mantren immer wieder an unsere Grenze gehen, doch gleichzeitig auch wachsam bleiben, damit wir nicht geistig überhitzen und somit verwirrt werden. Unsere Persönlichkeit kann sich nur allmählich an die höheren geistigen Schwingungen gewöhnen.

Die Wirkung des HSM ist eine ganz andere als die des Gurumantras (GM) (siehe: „Wie spreche ich ein Mantra?“). Wenn wir die Vokale und vor allen Dingen die Konsonanten betrachtet, sehen wir in beiden Mantren einen großen Unterschied. Im GM sind die Konsonanten bis auf das „P“ alle weich und dadurch klingen die Vokale auch weicher. Im HSM sind sie dagegen überwiegend hart. Dazu kommt, dass selbst ein weicher Konsonant wie „d“ im HSM so hart wie ein „t“ gesprochen wird. Auch Ha und Ho werden hart ausgestoßen.

So wird auch das „r“ im GM mehr weich gerollt, im HSM wird es auch gerollt, aber sehr hart. Das Ha Ha Ho wird so gesprochen, dass die Bauchdecke sich bewegt. Eigentlich wird es vom Damm her ausgestoßen, dann bewegt sich der untere Teil der Bauchdecke von selbst. Die S-Laute sind scharfe Zischlaute. Wenn man das HSM sehr oft sagt und dadurch Routine bekommt, sprechen der Mund und die Kehle die Laute wie gewohnt weiter, doch auf der geistigen Ebene erklingt es einige Oktaven höher. Dazu ist es nötig, dass man wirklich in der Säule (siehe „Erdung“) ist.

Außerdem ist der Rhythmus des GM ein völlig anderer. Man singt es oft auch und das könnte mit dem HSM nicht geschehen. Es in einem Stakkatorhythmus regelrecht vokalisiert. Daraus ergibt sich seine vertiefende, an den Wurzeln der Neurosen arbeitende Wirkung. Pauschal möchte ich aus meiner Erfahrung heraus sagen: Das GM führt uns in den Raum, in die Weite und das HSM wirkt fast zerstörerisch und führt uns in die Zentrierung.

Als weiteres sollte dabei beachtet werden, dass die Geschwindigkeit beim Sprechen ständig wechselt. Machen wir dies nicht, besteht die Gefahr, dass wir in eine Trance fallen und gerade dies ist nicht das Ziel. Ansonsten achtet bitte darauf, dass es in den Körper hinein gesprochen wird, denn es gilt mit seiner Hilfe den Körper als Abbild der Erde zu öffnen, damit er in die Lage versetzt wird, von uns als Bewusstseinswesen bewohnt zu werden.

Keine Angst vor falscher Betonung Ich hatte dieses Mantra einer Gruppe vorgestellt. Im Anschluss an die Einführung des HSM entstand in der Gruppe eine Diskussion über die richtige Aussprache. Dazu fiel mir die Geschichte der russischen Mönche ein: Einige Mönche lebten auf einer Insel in einem großen russischen See. Eines Tages kam der Bischof auf einem reich geschmückten Boot zu Besuch. Er nahm ihnen die Beichte ab und fragte unter anderem, welches Mantra sie sprechen würden. Sie antworteten: „Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme Dich unser.“ Der Bischof war ein gebildeter Mann und entgegnete, dass dies falsch sei. Es heiße: „Herr Jesu Christi, Sohn Gottes, erbarme Dich meiner.“ Die Mönche erbleichten, da sie etwas falsch gemacht hatten und fragten den Bischof, welche Wirkung dieses so gesprochene Mantra denn haben würde. Der Bischof antwortete, dass sie dann zum Beispiel über das Wasser gehen könnten. Sie waren ihm sehr dankbar. Der Bischof verabschiedete sich und legte mit seinem Boot ab. Nach einer halben Stunde, er hatte fast das jenseitige Ufer erreicht, holten ihn die Mönche voller Demut, aber verzweifelt, ein und sagten, um Verzeihung bittend, sie hätten schon wieder vergessen, wie das Mantram richtig gesprochen würde. Er sagte es ihnen und sie verabschiedeten sich dankbar und liefen über das Wasser zu ihrer Insel zurück.

Das Hundert-Silben-Mantra

OM
Bensa SATTVA SAMAAYA
MANUPALAYA
Bensa SATTVA TENOPA
TISHTA DRIDHO ME BHAWA
SUTOKHAYO ME BHAWA
SUPOKHAYO ME BHAWA
ANURAKTO ME BHAWA
SARVA SIDDHI ME PRAYACCHA
SARVA KARMA SUCA ME
CITTAM SHREYANG KURU
HUM
HA HA HA HA
HOH
BHAGAWAN SARVA TATHAGATA
Bensa MA ME MUNCA
Bense BHAWA
MAHA SAMAYASATTVA
AAAH

Das Hundert-Silben-Mantra in Lautschrift:

Om
Bensasatwa sammaja
manupalja bensasatwa tenopa
ditscha dritscho me bhawa
sutokayo me bhawa
supokayo me bhawa
anurakto me bhawa
sarwa siddhi me prayadscha
sarwa karma sudscha me
sitam schriihang guru

Hum
ha ha ha ha
hoh
bhagawan sarwa tathagata
bensa ma me mudscha
bense bhawa
maha samajsattwa
aaah