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Meditation vor dem Fernseher

(Text vom 05.02.2003)

Zuerst meine Geschichte dazu:
In den 80iger Jahren des letzten Jahrhunderts hatte ich mich mehrere Jahre beurlauben lassen und "pflegte" meine Erforschung des Inneren. Schließlich kam ich auf die Idee, die Auswirkungen der verschiedenen Landschaften auf die Meditationsarbeit zu untersuchen.(Meer, Mittelgebirge, Hochgebirge).
Ich mietete mir im Februar 1985 für fünf Wochen ein Zimmer auf einer Nordseeinsel und sprach fünf Wochen lang ein Mantra, während ich die vier Ecken des geräumigen Zimmers ablief.
Aus dieser Erfahrung heraus kann ich nur davor warnen, ein Mantra intensiv zu sprechen, ohne geerdet zu sein.
Ein Jahr später mietete ich mir, ebenfalls für fünf Wochen, ein kleines Häuschen in der Nähe von Kirchheim und wollte das Mantrasprechen wiederholen. Unglücklicherweise befand sich in dem Häuschen ein Fernseher und es fand gerade die Winterolympiade statt. Dieser Versuchung konnte ich nicht widerstehen und so schaltete ich hin und wieder den Fernseher ein. Aus dem Hin und Wieder wurde mehr und mehr. Das Mantrasprechen trat in den Hintergrund. Fernsehfilme folgten und so hing ich oft stundenlang vor dem Fernseher. Da ich zu Hause nie einen besessen hatte, war dies für mich etwas Besonderes und ich schien süchtig zu werden.

Nach einigen Tagen wurde ich unruhig. Mir fiel der Anlass meines Aufenthaltes wieder ein. Ich betrachtete mein augenblickliches Befinden und stellte fest, dass der Fernseher einen Sog ausübte. So beschloss ich, aus der fauligen Situation eine Tugend zu machen. Ich schaute weiter die Filmchen und Filme und untersuchte, welchen Effekt die filmischen Situationen in mir hervorriefen. Ich war erstaunt über die Reaktionen in mir. Die Empfindungsebene und die emotionale Ebene antworteten so, als wären die Situationen real. Auch die Projektionen und Bilder der Mentalebene waren nicht zu steuern. Nur die Ratio versuchte ständig ihre Eigenständigkeit zu erhalten, doch dies gelang ihr nicht. Die anderen Ebenen waren stärker.

Mir wurde somit sehr klar, wie wir aus der halb- und unbewussten Ebene in jeder Situation unseres Lebens gesteuert werden. Diese Entdeckung war sehr ernüchternd, bezogen auf unsere so genannte individuelle Freiheit und dem Glauben, ein rational omnipotentes Leben zu führen.
Die zweite Entdeckung war noch wichtiger: Das körperliche Empfindungsbewusstsein (aus dem wir unbewusst gesteuert werden) unterscheidet nicht zwischen realen und vorgestellten Situationen. So dass ein Film in uns verborgene, alte und unbewusste Erfahrungen weckt und somit ins Bewusstsein hebt.

Letzteres ist die positive Entdeckung, die ich dabei gemacht habe. Es ist möglich, diese in normalen Lebenssituationen unbewusst ablaufenden Prozesse zu registrieren. Mehr noch, wir können diese Prozesse als energetische Reaktionen in uns feststellen und bleiben dadurch als Wahrnehmender unbeeindruckt. - Auch in konkreten Situationen. - "Wir" bleiben Herr in der Situation und brauchen trotzdem nicht zu verdrängen. Es gibt in uns eine Ebene, die wie ein Spiegel ist, in dem diese Prozesse ablaufen, ohne dass dieser Spiegel beteiligt ist. Dazu braucht man natürlich jahrelanges Üben und Schulung dieser Bewusstheit.

Dieser Spiegel ist die Wahrnehmung, nicht die rationale Beobachtung oder Registrierung. Gleichzeitig ist diese Wahrnehmung der transpersonale Beobachter.

Gerade bei dieser Übung sind die am Schluss der Einleitung angegebenen Übungen unerlässlich. Mit ihnen kann man sich immer wieder auf den Sessel oder das Sofa, auf dem man sitzt, "zurückholen".
Spätestens jetzt werdet ihr euch nicht mehr mit dem Satz herausreden können: Ich habe keine Zeit zu meditieren.

P.S. Zum dritten 5wöchigen Aufenthalt (diesmal in den Alpen) ist es dann leider aus privaten Gründen nicht mehr gekommen.