Wie Oben So Unten

Die beiden Pfeiler der Meditation

Wenn wir uns genau beobachten, entdecken wir, dass wir immer auf der Suche nach Glück sind, oder indirekt ausgedrückt: Wir beschäftigen uns ständig mit unseren Problemen um sie zu lösen. Da es anscheinend fast unmöglich für uns ist, Glück zu definieren, versuchen wir es erst gar nicht, sondern stürzen uns auf das „Entfernen“ von Problemen. Das geht dann so weit, dass wir – sollten wir wirklich einmal glücklich sein - mit Sicherheit schnell ein Problem finden, das wir angehen können.

Dieser Mechanismus ist für mich unser eigentliches Problem. Da helfen auch keine Meditationsübungen. Hier geht es um die Änderung der Sicht. Diese Änderung der Sicht wird erst durch Übungen – welcher Art auch immer – ermöglicht, doch wir als Bewusstseinswesen müssen auch aktiv wie passiv zu einer Änderung bereit sein.

Sind wir in den Problemen gefangen, so hilft am besten eine Therapie. In diesem Fall ist der Therapeut das Gewahrsein und hilft uns, das Problem zu erkennen. Er hilft uns also, aus der Identifikation mit einer Problematik auszusteigen. Doch er kann die Probleme nicht lösen.
Sind wir „ausgestiegen“, können wir über Beobachtung, Achtsamkeit und Gewahrsein das Problem und vor allem seine Auswirkungen auf uns, beobachten. Mit der Zeit löst es sich meistens einfach auf. Doch das Ziel der Meditation ist nicht, Probleme aufzulösen, sondern mit den Problemen als Beobachter (Bewusstsein) in Kontakt zu kommen. Sind wir mit diesem Beobachter in uns identifiziert, wird daraus Gewahrsein. Nur das Gewahrsein steht außerhalb jeglicher Problematik. Das ist die Instanz, die wir (im Westen der Erde lebenden Menschen) nicht kennen, dafür sind wir seit der Aufklärung zu sehr „nach Außen“ orientiert.

Um an diese Instanz – das Gewahrsein - (als Bewusstsein) „heranzukommen“, haben wir unsere Meditationsübungen. Sie führen uns, ebenso wie die Achtsamkeit und Beobachtung an diese Instanz heran. Erkennen wir aber diese Instanz nicht, so können wir uns in die Wirkung der Übungen verlieren. Uns geht es dann im Alltag schlechter als vor dem Beginn unserer Meditationen, da wir nicht mehr so stark verdrängen können.

Wie schwierig diese Arbeit ist, erkennen wir bei der Übung: Zählen der Atemzüge von 1 – 11 und zurück. Am Anfang geht es noch recht gut. Aber mit der Routine zählt nur noch ein Teil von uns, und die anderen Teile denken, fühlen usw. selbständig weiter. Wir sollten uns dann die Fragen stellen: Wer zählt? Wer denkt?

Sind wir mit dem Gewahrsein dabei, registriert es, dass mehrere Teile in uns ihr Unwesen treiben. Mit ihnen haben wir anscheinend nichts zu tun. Da wir unweigerlich über dieses Phänomen stolpern, mögen fast alle Meditierenden diese Übung nicht. Das dann auftauchende Phänomen erschrickt uns: Wer bin ich eigentlich? Die Lösung liegt in der Identifikation oder in der „Änderung der Sicht“. Identifizieren wir uns mit dem Denken, sind wir erschrocken. Das Gleiche gilt für die emotionale Ebene und die körperlichen Weh-weh-chen. Identifizieren wir uns mit der Ebene des Gewahrsein-Könnens, sind wir amüsiert.
Das gravierendste Hindernis, vor dem wir uns auf der Suche nach dem Gewahrsein hüten müssen, ist die Erschöpfung. Sind wir erschöpft, ist die Brust verschlossen und dann gelingt uns die Änderung der Sicht nicht. Geschieht dies, versucht unser Unbewusstes von sich aus eine Lösung zu finden und unsere Möglichkeit, in die Ebene des Gewahrseins vorzudringen, ist versperrt. Wir müssen uns darin schulen, die Erschöpfung früh genug zu erkennen. Das ist für uns im Alltag Meditierenden ein Muss. Lassen wir die Erschöpfung dann zu, löst sie sich fast immer von selbst auf und wir sind wieder frisch. Doch das ist in den ersten Jahren des Meditierens sehr, sehr schwer.

Die Aufgabe des Meditationslehrers
Die Aufgabe des Meditationslehrers ist es, euch immer wieder auf diese beiden Pfeiler der Meditation hinzuverweisen: Übung und Gewahrsein. Da ihr voll im Berufsleben steht, steht für mich die Arbeit an der Erschöpfung zu Beginn jeder Meditationseinheit. Erst kommt die innere Reinigung, dann die Meditation.
Meine ganzen Webseiten drehen sich um diese vier Punkte: Übung, Erkennen der Hindernisse, Änderung der Sicht, Gewahrsein!!!!
Gelingt es uns auf diese Weise Persönlichkeit und Gewahrsein zu werden, sind wir eine starke, ausstrahlende Persönlichkeit.

Die Brücke zwischen den beiden Ufern ist die Zentrierung, die Sammlung, die Achtsamkeit. Sie manifestieren sich in dem, was ich Säule nenne (siehe die Artikel über das Erden).
Durch unsere Lebensweise beginnen wir, um ein Fundament zu bauen, mit der Erdung und der Beobachtung. Der Kommentator in uns, mit seinem vielen Darüber-nachdenken und Reden, versucht ständig dieses Fundament und den Weg zur Brücke zu zerstören. Er gibt vor, den richtigen Weg zu kennen. Doch er ist nur ein winziger Teil des Mentalen und wird oft vom Emotionalen und vor allem von den Ängsten gesteuert. Ihm dürfen wir nie glauben, sondern ihn höchstens für den Alltag benutzen (siehe Kommentator und Beobachter).

Die Achtsamkeit ist eigentlich die permanente Beobachtung. Mit der Achtsamkeit kontrollieren wir auch den Kommentator. Von den Imaginationsübungen her, gelangen viele schnell in die Säule, aber leider nehmen dies viele nicht wahr. Mit Zentrierung, Säule, Sammlung und Gewahrsein ist die Brücke stabil. Doch immer wieder kommt sie ins Schwanken, wenn wir diese „Materialien“ vernachlässigen. Aus diesem Grund ist jeder Weg in jeder Meditationsmethode ein lebenslanger Weg. Wir können uns erst ausruhen, wenn wir mit Säule und Gewahrsein identifiziert sind. Dann ist alles andere ein Sandkastenspiel.

Das noch nicht im Gewahrsein sein bezeichnet man in der Esoterik als Schlaf und das wieder im Außen-sein ebenso.
Das im Gewahrsein-sein ist
wach-sein,
erwacht-sein,
Er-wachsen-sein, eben
Erleuchtet-sein:
leuchten gleich Klarheit.
Klarheit ist: Nicht gefangen sein in den Mechanismen von Körper, Emotion und Denken.
Oder: Frei sein von den Mechanismen Körper, Emotion und Denken. Dann benutzt man natürlich weiterhin diese Mechanismen, ist aber nicht mehr ihr Sklave.