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Grundsätzliche Gedanken zu „konsequenter Meditation“

(Text vom 01.06.2003)

I. Bewusstseinsänderung
Die von mir empfohlenen Imaginationsübungen (siehe CD Rom unter Übungen) bereiten eine Bewusstseins- bzw. Sichtänderung vor und sind nur bedingt dazu geeignet, dass es uns als Ego besser geht. In psychischen Krisensituationen helfen die Übungen nicht, denn sie lösen die Verdrängungen der Vergangenheit. In Krisensituationen ist genug gelöst.
Die Bewusstseinsänderung muss durchschritten und stabilisiert werden und das bedeutet Geduld und Bereitschaft. Alle bisher verdrängten Emotionen werden dabei aktiviert und dies bringt Schwierigkeiten mit sich selbst. Die Schmerzen, die in der Vergangenheit durch Verdrängungen neutralisiert waren, werden wach und müssen durchlebt und dadurch erlöst werden. Das ist jedoch überwiegend nicht so dramatisch, wie es hier klingt.

Um die Bewusstseinsänderung zu erreichen, ist die Bewusstheit des Körperraumes unerlässlich. Wir lernen, den Körper zu bewohnen. Erst dann können wir damit rechnen, dass wir relativ frei werden von „falschen“, uns einengenden und oft quälenden Identifikationen mit unseren Vorstellungen und den daraus entspringenden Projektionen und Ängsten.
Es ist für mich kein Ziel, in geistige Räume zu flüchten (Wer meine Seiten in dieser Hinsicht liest, wird nichts finden.).Bewusstseinsänderung bedeutet nidht, neue mentale Gesetze zu kreieren.

Es gilt, die dann wahrgenommenen inneren Räume, als neuen Hintergrund für die reifende Persönlichkeit aufkeimen zu lassen.
Wenn Meditation wirklich wirken soll, so muss es sich gerade im Alltag und in unseren Kontakten mit der Außenwelt beweisen.

II. Zwei Arten des Bewusstseins treffen sich hier:
Gestalt und Raum

I. Die Identifikation mit dem Gestalteten und

II. der innere, leere Raum (Leer bedeutet bei mir immer Nicht-Gestaltetes, welches aber voller Energie ist).

Normalerweise befinden wir uns in einem Netz von Ursache und Wirkung (Gestalthafte Ebene). Aber dieser Bereich unterliegt dem Prozess der Veränderung. Auf das Prinzip der Veränderlichkeit sollte unsere Sicht schwenken und nicht auf der Ebene der Ursache und Wirkung beharren. Gestalten entwickeln sich aus dem „Chaos“ = Leere (Raum) und lösen sich wieder in das „Chaos“ = Leere (Raum) auf. Das, was allgemein als Chaos angesehen wird, ist letztendlich der innere Raum, aus dem alles entsteht und in das sich alles wieder auflöst. Ich denke die Empfindung des Chaos entsteht nur dann, wenn wir vom inneren Raum nichts wissen und dadurch aus einer Art Todesangst verzweifelt am Gestalteten festhalten.
Unsere Übung: Die Empfindung der Individualität auch mit der allmählich aufkeimenden „ozeanischen“ Erfahrung ( Raumerfahrung ) zu vereinen. Die Identifikation wechselt nun von der gestalteten Ebene (Schöpfung) zum leeren – Nicht-Gestalthaften - Raum. Das ist am Anfang sehr beängstigend und ruft heftige Widerstände hervor. Diese Widerstände sind völlig normal. Die Identifikation mit dem Raum ist gewöhnungsbedürftig. Dicht vor diesem entscheidenden Entwicklungs hören leider viele mit der Meditation auf. Die Ängste werden zu groß.

III. Die folgenden 6 Punkte sind bei jeder Meditation zu beachten: (siehe auch „Erden“)

1. Verwurzeln: Das Dreieck mit Sitzhöckern und Steißbein bilden. Das Dreieck mit warm orange anmalen. Aus dem Dreieck wachsen Wurzeln tief in die Erde hinein.

2. Sich der Erdanziehungskraft hingeben: die Beinmuskulatur loslassen; Muskeln des ganzen Körpers loslassen; mit ganzen Muskelpartien bewusst in Spannung gehen und bewusst wieder loslassen.

3. Augen schließen; die Hände bleiben mit der Innenseite in Kontakt mit dem Körper (am besten mit den Oberschenkeln); das Körperbewusstsein bleibt beim Sitzen, Stehen und Liegen im Becken und unterhalb des Körpers.

4. Den Atem zählen, also bis 11 und zurück; darauf achten, wenn wir abschweifen, wieder zum Zählen zurückzukommen und bei 1 wieder zu beginnen.

5. Keinen Alkohol oder Drogen nehmen; wenig essen, viel trinken; Tagebuch führen.

6. Die Handflächen sind in jeder Körperhaltung der Erde zugewandt.

Bei Störungen:
Trägheit:
eine blaue Kugel über dem Kopf visualisieren
Verwirrung und Aufregung: eine blaue Kugel unter uns in der Erde bilden
Langeweile: aushalten und zählen (Von 1-11 und zurück)
Abschweifungen beachten: Gefühle, Schmerzen, Gedanken, Bilder (Vorstellungen),
Erinnerungen und Wünsche usw. anschauen und dabei die Ebene des Schauens wahrnehmen

An nichts festhalten; „alles sind Ornamente der reinen, nackten Präsenz des Seins;
Meditation ist nicht, Gewöhnung IST“. (aus Tibet)
Achtsamkeit bei allem: Sitzen, Gehen, Stehen, Liegen. Die Chinesen bezeichnen diese vier Stellungen als die vier Würden des Menschen. Auch die Meditationspausen mit einbeziehen!

Dazu bereit sein, innerlich zu fallen: Bei Widerstand und Angst erkennen, dass wir zwar die Empfindung haben zu fallen, aber wir fallen nicht.

IV. Wir gehen auf eine schöne aber auch beschwerliche Reise:

- in der Inaktivität aktiv sein
- im Atmen den Atem beachten

Diese beiden zentralen Anleitungen sind eigentlich nur für die in der Meditationsarbeit erfahrenen Menschen gedacht.
Sind wir auf der eigentlichen Meditationsebene angelangt, so können die beiden zur Schöpfung gehörenden Kräfte: Aktivität (Unruhe, Aufgeregtheit) und Passivität (Dumpfheit, Unwissenheit) durch eine dritte „ersetzt werden“: der Wachheit und Präsenz. Gerade um diese Erfahrung des Wachseins (ohne Unruhe und Aufgeregtheit) und der Präsenz (ohne Dumpfheit und Unwissenheit), geht es mir am 4. und 5. Tag, wenn wir eine Woche meditieren. Dies ist nur ein winziger Sprung, aber gerade deshalb so schwer zu vollenden. An diesem winzigen Sprung scheitern meines Erachtens die meisten Meditierenden. Sie bleiben in der Dualität, im Bewerten und Urteilen und den inneren Kämpfen, stecken.
Die Schwierigkeit an dieser Klarheit, Präsenz und Wachheit liegt darin, dass sie nicht willentlich zu erreichen ist. Wir müssen etwas tun, aber im Tun dürfen wir nichts erreichen wollen. Wir müssen in der Aktivität inaktiv sein und im Inaktiven aktiv. Wir müssen uns auf ein Paradoxon einlassen.

Hierzu noch einige Schlüsselsätze, die es in dieser Phase zu beachten gilt:
Bewusstsein IST und ist gegenwärtig in der Atembewegung.
Akzeptieren was IST, ist die Quelle aller Dinge.
Beim Sitzen sollten wir keine Erwartungen haben und die Erwartungen als Störung beachten.
Wenn emotionale Schwierigkeiten kommen, den Magen/Herzpunkt drücken. (Er befindet sich dicht unterhalb der Brustbeinspitze.)
Es geht in diesen Tagen nicht um die Persönlichkeit bzw. das kleine Ich (Ego).
Erschöpfung, Ängste, ja Panik sind die besten Hilfen, denn dann ist das Ego geschwächt.

Meditation heißt jahrelange „Arbeit“ am Ego. Egoarbeit heißt Integration der Persönlichkeit. Erst dann beginnt die eigentliche Meditation.

V. Der Übergang zur „Meditation als Geschehen“

Das übliche Meditieren kann man als Weg zum WEG bezeichnen.
Der Übergang von diesem Weg zum eigentlichen WEG ist so einfach wie nichts anderes in unserem Leben. Doch gerade in der Einfachheit liegt eine enorme Schwierigkeit. Darum bezeichne ich diesen Übergang als Sterben. Erst wenn wir bereit sind zu sterben, öffnet sich der eigentliche Weg. Ich habe so viele Menschen erlebt, die genau an dieser Hürde „scheiterten“. Ich betrachte dies jedoch nicht als Scheitern sondern als ein Innehalten und Verharren, damit andere Persönlichkeitsaspekte nachreifen können. Doch diese „Nachreifung“ dauert oft Jahre. Gerade dieser Umstand fordert vom Meditierenden und vom Meditationslehrer viel Geduld. Dabei ist die Geduld des Lehrers ausschlaggebend, damit der Meditierende nicht zusätzlich irritiert wird.
Schlimm ist es, wenn die Menschen sich an diesem Punkt ganz von der Meditation verabschieden, da sie die aufgekeimte Todesangst auf den Meditationslehrer und die Methode übertragen und ihm dadurch das Vertrauen und die innere Verbundenheit entziehen. Wechseln sie dann die Methode und den Lehrer, beginnt dieser Prozess wieder von vorne.