(Text vom 16.01.2003)
Das Thema Erden war für mich zu Beginn des Schreibens für eine schriftliche Wiedergabe zu komplex. So bat ich, die Menschen, die ich begleite, um spontane Kommentare. Zehn nicht gezielt ausgesuchte Kommentare möchte ich hier wiedergeben:
1. Brief
Lieber Rudi
Zum Erden:
- wenn ich beim Gehen in meine Fußsohlen spüre, freue ich mich an
diesem angenehmen Gefühl des Kontaktes, des Verbundenseins ganz real mit
der Erde, auf der ich lebe. In diesem Moment spüre ich Halt und Sicherheit
- dies halte ich für Erdung.
- immer wieder verliere ich meinen Körper, weil ich, in Gedanken verloren,
davon treibe. Scheinbar wichtige und nötige Gedanken. Doch wenn ich dann
durch eine "Kleinigkeit" wie ein tiefer Atemzug oder eine zufällige
Berührung meinen Körper spüre, dann komme ich wieder an bei mir
und erinnere - wie einfach es sein kann. Einfach bei mir sein.
2. Brief
Lieber Rudi,
Wenn ich an meinen Beginn der Meditation denke, so fällt mir hierzu zunächst
einmal ein, dass ich sehr viel Angst hatte, Angst mich auf die Erde niederzulassen,
die Kontrolle des Kopfes, des Denkens aufzugeben. Ich hatte beim Sitzen immer
die Angst,
umzufallen, nicht gehalten zu werden.
Dann nach und nach, ohne dass ich es wirklich bemerkt habe, kam ich über
die Vorstellung zu dem Empfinden. Vom groben Empfinden zum immer feineren Empfinden.
Wenn ich heute deine Kassetten höre oder auch nur die Übungen für
mich mache, dann denke ich noch nicht einmal das Wort "Sitzknochen",
"Füße", "Wurzeln" - das Empfinden ist sofort
da - ich bin anwesend, ohne Denken, anwesend.
Dazwischen gab es noch viele Erfahrungsstufen: Die Eitelkeit z.B. der Stolz, eine gute Schülerin zu sein, Stolz auf die "Leistung" - "richtig gut meditieren zu können" - und dann kam das Lachen, der Humor, die lachende Erkenntnis, dass es darum nicht geht!!!! Auch oder gerade das war sehr wichtig für mich. Die Erkenntnis, dass das Erden mein Ego, meine Kontrolle überwinden hilft, mit Humor und auch Trauer, ist ein weiterer wichtiger Schritt. Mein Ego rächt sich manchmal durch Widerstände, die noch ganz schön stark sind. Je mehr ich in den letzten Jahren geübt habe, desto bewusster wurde mir mein Trotz, mein Wille Macht auszuüben, die Kontrolle zu behalten. Wenn ich sage, dass es mir bewusster wird, heißt das für mich, dass ich eine differenzierte Sicht bekomme, ich sehe, d.h. ich bin nicht mehr nur mein Ego, ich kann mich entscheiden.
Je mehr ich die Kontrolle im besten Sinne des Wortes verliere, desto intensiver erfahre, empfinde ich das 9. Chakra. Ohne zu wissen, was es ist, empfinde ich Vertrauen, das sich darin äußert, dass ich tiefer atme, dass mein Becken weiter wird. Oft, wenn ich übe, kommt mir der Gedanke (ohne dass ich denke), dass ich mich zur Verfügung stelle. Das "Ich" will noch nicht ganz loslassen, aber es grenzt sich weniger ab.
Noch eine kleine besondere Erfahrung:
Vor längerer Zeit war ich tanzen. Auf der Tanzfläche war ein junger
Mann, der ganz selbstvergessen tanzte und ich konnte spüren, wie sehr er
mit der Erde, mit dem 9. Chakra verbunden war, vielleicht ohne dass er es selbst
wusste. Es war eine Freude, ihm auch innerlich zuzuschauen, zuzuspüren.
Oder auch die Erfahrung während einer Familienaufstellung, als ich mit
all den anderen Frauen hinter einer der Teilnehmerinnen stand, um ihr die Unterstützung
der versammelten weiblichen Kraft zu geben. Ohne zu denken, ohne Vorstellung
stand ich in einem warmen Fluss, der mir bis zu den Waden ging. Früher
hätte ich mich an dem Phänomen festgehalten, weil es ja so "toll"
ist, so etwas zu empfinden. Heute kann ich es einfach nur annehmen und mich
darüber freuen, weil es nichts Außergewöhnliches ist, sondern
einfach nur da ist.
Ja und nun noch etwas ganz Prosaisches. Ich kann besser riechen, obwohl ich rauche wie ein Schlot, besser schmecken.
Soviel für jetzt. Wenn mir noch etwas einfällt, schreibe ich es einfach, auch wenn ich nicht weiß, ob Du damit überhaupt etwas anfangen kannst.
3. Brief
Hi Rudi,
ganz spontan...
Erden ist die Basis, immer wieder zu mir zu finden, bei mir zu sein, klar und
intuitiv zu arbeiten, aufmerksam zu sein und alles was ist zu spüren. Mit
der Entscheidung, ob ich das auch spüren möchte, entgegen sonstiger
äußerer Einflussnahme - kann ich geerdet - entscheiden, wieweit jemand
mir begegnet- ich bin wach - bin allerdings schnell in der Säule. Erdung
ist der Anfang , dann Basis, dann ist alles o.k. Ich bin ich - und kann sein
wie ich bin, deshalb ist nur über das Erden zu schreiben etwas schwierig.
Aber es ist der Grund für alles weitere. Ohne Erden ist nichts aufbauendes
möglich - mein Körper schreit nach einer Zeit des nicht Geerdet-Seins,
es schmerzt einfach, dies zu spüren und schwupp verändert sich alles
zack und ich bin .... wie ich bin
4. Brief
Lieber Rudi,
Spontan zu erden:
da fällt mir ein, Wurzeln schlagen Mit der Erde, mit der Welt verbunden
sein...
Erden und Zentrieren sind Grundlagen für unsere Übungen. Ruhige Freude
...
5. Brief
Lieber Rudi,
Zum Erden:
Für mich bedeutet Erden: etwas wird wieder offen, ich spüre einen
Verbindungsstrom von der Erde in die Füsse, Beine und das Becken. Stehe
dann anders und spüre mein Gewicht. Die Gedanken springen weniger herum,
es wird ruhiger in mir und um mich. Das Atmen wird tiefer. Ich bin mehr in dem,
was jetzt gerade ist. Erden hilft mir, weniger im Kopf zu sein und mehr den
Raum wahrzunehmen. Das Geerdet-Sein ist leider noch flüchtig. Oft sause
ich in den Kopf mit allen seinen Vorstellungen zurück.
6. Brief
Hallo Rudi,
Ich mache jetzt den zweiten Versuch, 2 - 3 Sätze über das Erden zu
schreiben, beim 1. Mal habe ich zwischendrin alles versehentlich unwiederbringlich
gelöscht.
Zum Thema "Erden" fallen mir als erstes 17 m lange Wurzeln ein, gewachsen
in XXX in meiner einzigen Ostermeditationswoche. Für mich ist Erden die
zentrale Übung überhaupt. Ich sitze ja fast nie und versuche Elemente
deiner Arbeit in den Alltag zu nehmen. Erden kann ich mich ganz gut - in jeder
Situation, in der ich " bei mir bin" - ob auf dem Schulhof, im Lehrerzimmer
oder zu Hause.
Häufig verliere ich mich in Gesprächen, besser gelingt das "bei
mir sein", wenn ich allein bin - und ich bin oft lieber allein.
Seit einiger Zeit laufe ich. Da bin ich häufig wirklich nur bei mir und
beobachte meinen Körper wie eine arbeitende Maschine - manchmal mit einem
Gefühl von Dankbarkeit, wenn ich z.B. meine Knie beobachte. Wunderbar lassen
sich die Übungen mit den Spinnweben beim Laufen machen. Mir geht es wie
vielen anderen Läufern: In der Regel wird der Kopf frei. Dafür gibt
es physiologische Erklärungen - für mich ist es Erdung. Eine Kollegin
hat mich mal gefragt, ob ich auch bei Hitze laufe - sie bekomme immer Kopfschmerzen.
Meine Erklärungsversuche (und Tipps) hat sie nicht verstanden.
Das fällt mir so spontan ein: Vermutlich habe ich mehr über mein Lieblingsthema
Laufen geschrieben - Erden und laufen gehören für mich aber zusammen.
Tschö
7. Brief
Hallo Rudi
Über das Erden....? Für mich ist es zu Hause sein, ein zu Hause zu
wissen, eine Mitte, eine Basis, zu der ich immer zurückkehren, bei der
ich mich immer ausruhen, in die ich mich immer für kurze Zeit zurückziehen
kann. Es ist einfach sein, eben wie es ist, ohne diese ganzen Gedanken, Höhenflüge,
Ängste, Vermutungen, Sorgen. Es ist konkret und spürbar da. Ganz einfach.
Alles, alles Liebe
8. Brief
Hallo Rudi
Als ich Deine Mail gelesen habe, dachte ich "Erdung?!". Es dauerte
etwas, dann wurde mir klar, wie selbstverständlich Erdung für mich
geworden ist, weil ich im ersten Moment gar nicht darauf kam, wieso man darüber
schreiben muss.
Spontan fiel mir dazu ein: Erdung ist das Tor zur Kraft. Ohne Erdung geht gar
nichts in der Meditation und ist damit die Voraussetzung für jede weitere
Übung.
Dann bin ich dem noch weiter nachgegangen. Erdung ist für mich ein Zustand
aus dem heraus alles weitere entspringt z.B. die Säule. Bei mir entsteht
sie aus einer stabilen Erdung. Weiter ist Erdung ein Zustand, in dem ich mich
reinigen kann. Reinigung bzw. Loslassen von der Verspannung.
9. Brief
Lieber Rudi,
Habe gestern schon Deine Mail gelesen, konnte Dir aber nicht gleich antworten.
Ich versuche aber, Dir möglichst ungefiltert meine spontanen Einfälle
zum Erden zu schreiben:
- Ist eine große Hilfe, wenn man droht von Ängsten übermannt
zu werden, die dann in der Vorstellung noch viel größer werden.
- hilft einem dadurch mehr im "Jetzt" zu leben, und dadurch das Leben
mehr zu genießen und auch "Kleinigkeiten" zu würdigen oder
"Großigkeiten" nicht mehr so ernst zu nehmen
- aber: ist auch anstrengend: Wieviel angenehmer ist es oft, flatterhaft zu
sein und abzuheben.
In unserer Sprache sind dafür ja viele Beispiele: "Frei wie ein Vogel
", " high sein", "Über den Wolken muss die Freiheit
wohl grenzenlos sein ", "über den Dingen stehen ". Die Luftgeister,
Elfen etc. sind ja auch eine sehr angenehme Vorstellung.
Bei Erdung fällt mir als positives Bild jetzt nur der Baum mit seinen Wurzeln
und Schillers Glocke "festgemauert in der Erden" ein.
Mit anderen Worten: Erdung ist zunächst nicht so verführerisch, aber
letztlich glaube ich, dass auch die Elfe geerdet sein muss.
10. Brief
Hallo Rudi
Zum Thema Erden: Anfangs wusste ich nie was Du meinst. Es war für mich
ungeheuer schwierig, den Begriff einem Gefühl zuzuordnen. Es blieb mir
also nichts anderes als im Vertrauen auf Dich die Übungen zu machen und
mich in die Erde fallen zu lassen.
Das ganze begann mit der Übung, die Füße wahrzunehmen. Ohne
mit den Händen (oder sonst wie) die Füße zu stimulieren, die
Fußsohlen genau zu spüren, ein Auge zu nehmen und dies innerlich
zu den Füßen zu geleiten, mir dort einen Punkt zu nehmen. Wenn der
Punkt erfasst ist, einen Punkt in der Nähe versuchen zu erfühlen.
Dabei spüre ich dann wie mein Brustraum nachgibt und in den Bauchraum rutscht.
Manchmal fühlt es sich an, als würde ich kleiner, manchmal so, als
würde ich wachsen. Aber das sind nur Begleitgefühle.
Dann nehme ich den nächsten Punkt. Ganz besonders sind die Zehenansätze.
Wenn ich dort bin, wird die unmittelbare Umgebung (also ich und noch mehr) merklich
ruhiger, und ich kann in Ruhe sehen.
Heute ist es noch mehr. Sobald ich die Erdungsübungen mache, erweitert
sich mein Körper und in der Überschneidung mit der Erde, ist Hingabe.
Darüber ist Ruhe und das Angebot der Ausgeglichenheit. Darunter - das kann
ich bisher nur in der Meditation erahnen.
Noch einmal ein Satz zu den Anfängen: Es hat von mir am Anfang eine Menge
Vertrauen erfordert, sozusagen als Einsatz. Heute sehe ich, dass es nicht mein
Einsatz war, sondern dass ich so zu meinem schon vorhandenen Vertrauen gefunden
habe.