(Text vom 22.02.2003)
Die chinesischen Taoisten bezeichnen diese vier Körperhaltungen als die vier Würden des Menschen. Die Schlichtheit dieser Aussage begeistert mich immer wieder.
Ich möchte hier noch einmal ausdrücklich und eindringlich darauf
hinweisen:
Wer "Meditieren" mit "Sitzen" gleichsetzt, hat das Meditieren
nicht verstanden.
Der enorme Vorteil, der in der sitzenden Meditation liegt, ist allerdings nicht
von der Hand zu weisen: Es ist die senkrechte Haltung (die aber im Stehen und
Gehen auch da ist) und das körperliche "in Ruhe-Sein". Dadurch
kann die Atmung länger werden. Dies bedingt wiederum, dass wir uns automatisch
emotional und mental beruhigen und ausgeglichener werden. Beim Liegen besteht
die Gefahr, dass wir schneller einschlafen oder zumindest schläfrig werden.
Doch das hört auf, wenn wir gelernt haben, den Körper und seine Energien
zu reinigen.
Hinzu kommt, dass uns in der senkrechten Haltung (ob im Sitzen, Stehen, Liegen
oder gar Tanzen, bleibt gleich) kosmische Energien helfen. Doch dies ist in
den ersten Jahren bedeutungslos und zu vernachlässigen.
Es geht mir zu Beginn der "Meditationsarbeit" darum, die eng mit dem Körper verbundenen Energien von den Verkrustungen und Verschmutzungen der persönlichen Geschichte weitgehend zu befreien. Es geht auch darum, uns wieder in ein ideales elektromagnetisches Feld (Aura) zu "verwandeln". Ein gestörtes Magnetfeld verliert weitgehend seine Wirkung und ist für die Umgebung oft ein enormes Störfeld. Dieses gestörte Feld äußert sich emotional mit allen negativen Aspekten: Angst, Hass, Wut, Trauer, Selbstmitleid, Unruhe, Trägheit, usw. Mental äußert es sich fast ausschließlich als Vorstellungswelt. Die Vorstellungswelt ist so Besitz ergreifend, das es für jemanden, der noch nicht die Vorstellungswelt verlassen konnte, kaum nachzuvollziehen ist.
In der Auseinandersetzung mit dem Emotionalen und Mentalen entscheidet es sich schließlich (vor allem für die Menschen, die im Alltag leben), wie weit sie in ihrer Entwicklung kommen. Viele wagen es nicht, sich mit dem "Neuen", das sich allmählich herauskristallisiert, zu identifizieren. Sie fallen immer wieder in die alten Mechanismen zurück. Auch, wenn sie in den Übungsphasen wahrnehmen, wie leicht und tief - durch den Schritt zur Erdung - die Einstellung zum Leben wird (dass sie wesentlich lebendiger werden), gewinnen meist die alten Gewohnheiten.
Dabei ist gerade durch diese Erdungsübungen der behutsame Schritt zur
ausgewogenen und gereiften Persönlichkeit so einfach. Das Einzige, was
benötigt wird, sind Ausdauer, Beharrlichkeit und Mut. Diese Übungen
können überall und zu jeder Zeit gemacht werden. Niemand merkt es,
und keine Situation steht dagegen. Es ist einfach eine Gewöhnung, so wie
wir uns an tausend anderen Mechanismen gewöhnt haben. Nur, dass durch das
Erden die Bewusstheit an sich und die erlebten Situationen immer intensiver
werden.
Ob ich in der Klasse unterrichtete, ob ich durch Köln zum Einkaufen ging,
ob ich therapiere oder spazieren gehe, ob ich mit meinen Kindern spiele oder
diese Zeilen schreibe, - ich bin mir immer meiner selbst bewusst, immer in Kontakt
mit meinem Inneren. Das heißt nicht, dass ich nicht wütend oder traurig
würde. Darum geht es gar nicht. Das Entscheidende ist, immer im Kontakt
und der Bewusstheit mit dem zu sein, was geschieht, innen wie außen.
Dies hat zur Folge, dass wir uns immer unserer Lebendigkeit erfreuen können.
Das Leben wird intensiver, wesentlich intensiver (natürlich auch im Schmerz)
und somit reicher. Weswegen uns unerfüllbare Wünsche und Erwartungen
nicht mehr so quälen, denn sie gehören der Vorstellungswelt an und
haben somit keine Substanz und keine Wirkung in uns mehr. Sie verlieren ihre
Pseudoqualität und bleiben, was sie sind: Wünsche und Erwartungen.
Wir messen unseren Wert nicht mehr am Erreichen unserer Ziele.
Das Wichtigste dabei ist, dass dieser jahrelange Prozess von uns unbemerkt und
automatisch abläuft. Wir brauchen nichts daran zu tun. Es ist keine Entscheidung
von Nöten. Wir brauchen nur die Erdung zu üben. Die Schwierigkeiten,
die auftreten, haben nur mit unseren eigenen individuellen und menschlichen
Mechanismen zu tun, mit denen wir uns identifiziert haben.
Noch einmal:
Die vier Würden des Menschen (Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen) bedeuten,
dass wir als menschliche Wesen in keiner Situation, keine Sekunde lang, niemals,
unsere angeborene Würde verlieren können. Diese Würde kann uns
niemand nehmen - wir können uns allerdings selbst von ihr trennen. Dann
ist sie zwar noch vorhanden, doch wir haben subjektiv den Kontakt zu ihr unterbrochen.
Das Erden, in welcher Körperhaltung auch immer, ermöglicht uns wieder,
mit unserer Würde - unserem eigentlichen Wesen - in Kontakt zu kommen.
Schließlich gelingt es uns wieder, uns mit ihr zu identifizieren.
Diese vier Würden bedeuten auch, dass wir in jeder Situation meditieren
können. Es gibt kein "Ich hatte keine Zeit!" mehr.