(Text vom 16.02.2003)
Erstes Beispiel
Während meiner Gestalttherapieausbildung hatte ich tiefgreifende Erlebnisse,
die ich in mein damaliges Menschen- und Weltbild nicht einordnen konnte. Man
könnte sie unter "Visionen" und "Auflösung der Persönlichkeit"
einordnen. Es waren eindeutig mystische Erfahrungen. Sie ängstigten mich
zum Glück nicht, sondern machten mich neugierig. Mehr noch, die Neugierde
ergriff mich und nahm Besitz von mir. Neben meinem Beruf galt alle Kraft der
Erforschung dieser Erlebnisse. Es waren dadurch sehr interessante, aber auch
sehr schwierige Jahre. Ich las eine Unmenge von Büchern und meditierte.
Für meine damalige Freundin blieb kaum Zeit übrig.
Der wichtigste Therapeut in meiner Ausbildungszeit zum Gestalttherapeuten (Jerry
Kogan) schickte mich nach Rütte im Schwarzwald. Dort hatte Graf Dürckheim
ein Zentrum für transpersonale Therapie aufgebaut. Ich buchte 4 Jahre lang
in den Ferien jeden Tag 2 Therapiestunden, denn ich wollte "es" wissen.
Ich wurde regelrecht weggerissen von den mystischen Erlebnissen. Schließlich
kam das, was kommen musste. Durch einen Energieausbruch in mir sprang die "Kopfhaut"
weg und ich "drehte durch". Ich war danach zwar noch arbeitsfähig,
aber subjektiv ging es mir über Monate unglaublich schlecht. Ich lebte
permanent in der Angst, verrückt zu sein oder zu werden.
Die Therapeuten waren machtlos und konnten mir nicht helfen. Eine Therapeutin
gab mir die Adresse einer Seherin und Meditationslehrerin, es war Hetty Draayer.
Ich bekam sofort Kontakt zu ihr und besuchte sie in Belgien. Sie schaute mich
nur an. Das erste, was sie sagte, war: "Sie sind überleuchtet! Runter!"
Etwas in mir erkannte sofort, dass sie recht hatte. So war mein Vertrauen in
sie vom ersten Moment an enorm. Sie gab mir ihre Erdungsübungen, deren
Sinn ich damals natürlich nicht verstand. Ich übte und übte.
Während dieser Zeit las ich weiter. Schließlich ließ ich mich
für 6 Jahre als Lehrer beurlauben und widmete mich fast ausschließlich
dieser Meditationsarbeit.
Allmählich ließen die oben erwähnten Erlebnisse nach. Wenn ich
Hetty von ihnen erzählte, schwieg sie meistens. Doch einmal antwortete
sie mit "Papperlapapp", da war ich natürlich schwer beleidigt.
Langsam dämmerte mir, dass an diesen mystischen Erlebnissen etwas nicht
stimmte. Gleichzeitig fehlten sie mir.
Ohne dass ich es merkte - ich schaute ja in die falsche Richtung -, wuchs in
mir etwas Neues heran. Plötzlich, von einer Sekunde zur anderen, erkannte
ich, dass ich die ganzen Jahre diese Erlebnisse mit Erkenntnis und Wissen verwechselt
hatte. Meine anfänglich unbeschreibliche Neugierde hatte sich, ohne dass
ich es merkte, in Faszination verwandelt. Ich war der Faszination bezüglich
der mystischen Erlebnisse erlegen.
Eine unglaubliche Erleichterung nahm von diesem Augenblick an von mir Besitz.
Ich erkannte: Das ganze Erforschen des "Was bin ich?", des "Erkenne
Dich selbst", ist viel einfacher, ist einfacher als einfach. Doch wir sind
durch unsere Gesellschaft und unser Schulsystem nur auf Schwieriges und Kompliziertes,
auf das noch zu Erreichende, noch nicht Erreichte, eingestellt. In dieser Einstellung
und Sicht liegt die Hauptproblematik.
(Gerade Letztere zu überwinden, ist das Hauptanliegen meines energetischen
Erdens.)
Was war geschehen?
Die "mystischen Erlebnisse" haben ihre Ursache einerseits in der Befreiung
von alten, neurotischen Komplexen. Dadurch werden Energien frei, mit denen die
Alltagspersönlichkeit (oder Ego) nicht umzugehen gelernt hat. Sie registriert
sie nur indirekt. Andererseits übernimmt das Gehirn die Funktion, diese
Energien in Bildern und "Filmen" sichtbar zu machen. Es ist ein Versuch
des Gehirns, über die Traumfunktion Ordnung zu schaffen. Ich ging diesem
Phänomen nach und entdeckte, dass buddhistische Meditierende andere Bilder
entwickeln als christliche oder mohammedanische. Die Bilder und "Filme"
sind vom kulturellen Erbe des jeweiligen Menschen geprägt. Diese Entdeckung
war für mich ausschlaggebend. Meine ganze Sicht der Meditationsarbeit gegenüber
wurde von nun an immer nüchterner und somit ernsthafter.
Allerdings gibt es einige wenige Erscheinungen, die bei allen Menschen gleich
sind. Sie haben einen realen Hintergrund.
Ich kam zu dem Schluss, dass diese "Erscheinungen" uns unbekannte Kräfte und Schwingungsebenen sind. In der Sekunde, bevor sie uns bewusst werden, wirken sie in uns. Klammert man sich an die Erscheinungen, wirken diese Kräfte auch, doch die Persönlichkeit verfälscht sie und verhindert somit deren eigentliche "Arbeit". Schlimmstenfalls kehrt das Mentale der Persönlichkeit diese Wirkung ins Gegenteil um. (Dies ist meiner Meinung nach überwiegend bei Sekten der Fall). Man beobachtet sie und lässt sie kommen und gehen. Dadurch schärft man die Wahrnehmung für das Eigentliche: Die Wirkung der Kräfte vor den Erscheinungen.
Falls ich mich eben nicht deutlich genug ausgedrückt habe:
Da ist einerseits die Gestalt der Erscheinung und andererseits der Hintergrund:
die jeweilige Schwingung. Die Schwingung wirkt in uns und verändert uns.
Die Gestalt verführt uns.
Was hat das nun mit dem Erden zu tun?
Auch hier muss ich wieder sehr weit ausholen. (Wer ungeduldig wird, schaue sich
im Bereich "Übungen" die konkreten Übungsanleitungen an
und übe sie einige Monate lang intensiv.
Der Ursprung liegt im eingepflanzten Drang des Menschen, die Welt zu ordnen
und zu gestalten. Das "Nicht-Gestaltete" kann er nicht fassen, und
so setzt eine Gestaltungsfunktion ein. Sie wird natürlich vom Gedächtnis
unterstützt, so dass immer eine kulturelle Variante aufleuchtet.
Für den Westen kommt hinzu, dass seit der Antike zwei fundamentale Denkweisen
miteinander ringen. Verkürzt ausgedrückt liegt es in dem Gegensatz
des platonischen und aristotelischen Denkens. Noch im mittelalterlichen Denken
wirkten beide Denkweisen mehr oder weniger nebeneinander. Im späten Mittelalter
setzte sich das aristotelische Denken durch und gipfelte in dem Satz: "Ich
denke, also bin ich." Diese Sichtweise wurde von unserem Schulsystem übernommen
und prägte die Gesellschaft, diese prägte wieder das Schulsystem.
Es gab in der Pädagogik und Philosophie zwar immer wieder Gegenbewegungen,
doch diese hatten für die Allgemeinheit keinen durchgreifenden Erfolg.
Das gleiche geschah in kirchlichen Kreisen. Etwas gehässig ausgedrückt:
Die Form, die Gestalt, das Greifbare, hatte Bestand, denn es gab Sicherheit,
man konnte es einordnen und abfragen. Das Nichtgestaltete, der Hintergrund,
das Nichtfassbare, verunsicherte und war rational nicht fassbar, also verlor
man es aus den Augen, bzw. vergaß es, und somit war es nicht mehr existent.
Das hatte zur Folge, dass die Ratio, das Großhirn, ein enormes Übergewicht
bekam, und wo das Bewusstsein hingeht (hier: in den Kopf), da wandern die Energien,
Schwingungsebenen, hin. Das sieht nun so aus:
bild
Entscheidend für mich ist, dass sich beide Denkweisen nicht ausschließen.
Das bedeutet, wir müssen unsere Ratio so weit ausbilden und schulen, wie
es irgend möglich ist, dürfen aber die anderen Bereiche der Persönlichkeit
nicht vernachlässigen. Diese Einsicht führte mich schließlich
dazu, diese Webseite zu beginnen. Wobei ich natürlich mit der Unsicherheit
leben muss, dass viele Leser diese Seiten nur von der Ratio her lesen und das
Überprüfen in ihrem Inneren vernachlässigen.
Nun möchte ich etwas konkreter werden:
Energetisch (von der Schwingung her) gesehen, geht es darum, die Energien, die
sich im Kopfbereich übermäßig fixiert haben, zu "verteilen".
Das gelingt nur mit Hilfe unseres Empfindungsbewusstseins. Wir üben uns
darin, den Beckenboden (Sitzhöcker, Steißbein) oder Fußsohlen
genau so - oder noch intensiver - wie wir den Kopfbereich im Bewusstsein halten,
an das Bewusstsein anzuschließen.
Wir koppeln uns von dem absoluten Diktat der Ratio ab. Andere Kräfte in
uns können nun in jeder Situation mitwirken. Da ist zum Beispiel die bekannte
Kraft der Intuition. Im Grunde ist diese Intuition "nur" ein ganzheitlicheres
Erfassen von Situationen. Die eigentliche Intuition ist ein blitzartiges Erkennen
und gehört somit mehr in den Bereich der Erkenntnis, in den Komplex des
transpersonalen Menschen.
Zweites Beispiel
Da sitzt ein Mann vor mir, dem in seiner Kindheit tiefgreifende Verletzungen
psychischer Art zugefügt worden sind. Er konnte diese Verletzungen nicht
auflösen (über Trauer) und verdrängte sie. Er flüchtete
in die Ratio und den Zynismus. Mit diesem Zynismus als Schutz hielt er die Menschen
von sich ab. Die Verletzungen meldeten sich immer wieder und drückten sich
als Ängste aus. Damit konnte er natürlich gar nicht umgehen und geriet
immer wieder in Panik, die er sich aber nicht erklären konnte. Subjektiv
war das natürlich schlimm, objektiv gesehen aber sehr beruhigend, denn
er hatte diese Verletzungen nicht vollkommen verdrängen können. Um
ihm zu helfen, leitete ich ihn immer wieder mit den Erdungsübungen an.
Er konnte sehr gut mitgehen. Nach der Übung wurde ihm schwindelig. (Die
frei gewordenen Energien sammelten sich im Kopf.) Als ich ihn wieder ins Becken
und die Sitzhöcker führte, verschwand der Schwindel sofort. Er erfasste
sofort die Bedeutung dieses Vorganges, übte verhalten weiter und entdeckte
in wenigen Monaten, wie der Drang, auf zynische Weise die Menschen auf Distanz
zu halten, nachließ. So schnell geht es leider nur selten. Manche Menschen
"schaffen" es nie!
Bei ihm ging es so schnell, da er sofort die Verbindung zu der Empfindungsebene
in seinem Bewusstsein geschaffen hatte. Er nahm konkret wahr, dass hier etwas
Reales geschah. Er erfasste nüchtern und überzeugt diese neue Wahrnehmung
und integrierte sie in seinen Alltag.
Was war geschehen?
Durch seine inneren Möglichkeiten und die Risikobereitschaft öffneten
sich die Barrieren des Halses, des Zwerchfells und der Leisten, und sein Energiepotential
suchte einen Ausgleich. Dieser Ausgleich hat immer den Drang zum Idealen hin
(Siehe Abb.1 links). Ich bin zwar kein Seher, aber von meiner Empfindung
her mag der Klient ausgesehen haben wie auf Abb. 1 rechts.
Die alte Verletzung war im ganzen Körper bis zum Hals generalisiert. In
dem Augenblick, in dem sich durch das Erden der Hals und die anderen "Verschlüsse"
öffneten, verschwand die übersteigerte Angst. Ihm fielen plötzlich
viele unangenehme Situationen aus der Kindheit ein, an die er lange nicht mehr
gedacht hatte. Er erkannte, dass seine Ängste nur Symptome oder Signale
waren, so wie der Schmerz auf der körperlichen Ebene nur ein Symptom, aber
nie die Ursache ist.
Damit waren seine Ängste natürlich nicht verschwunden. Doch er lernte, ihnen zu begegnen.
Zusammenfassung
Lassen wir uns auf das Erden ein, müssen wir jegliche Faszination ablegen.
Das Leben und somit die Meditation wird nüchterne und harte Arbeit. Der
Lohn liegt in der gesteigerten Lebendigkeit und der stets vorhandenen Rückzugsmöglichkeit
vom Alltag. Wir sehen das Leben mehr und mehr, wie es ist und verlieren uns
nicht mehr in Tagträumen. Diese Nüchternheit bedeutet eigentlich Fülle.
Hier möchte ich eine Teilnehmerin zitieren, die jahrelange innere und äußere
Kämpfe hinter sich hat:
"Für mich ist es (das Geerdet-Sein.) zuhause sein, ein Zuhause zu
wissen, eine Mitte, eine Basis, zu der ich immer zurückkehren, bei der
ich immer ausruhen, in die ich mich immer für kurze Zeit zurückziehen
kann. Es ist einfach Sein, eben wie es ist, ohne diese ganzen Gedanken, Höhenflüge,
Ängste, Vermutungen, Sorgen. Es ist konkret und spürbar da. Ganz einfach."